Zum Schreiben kam Oscar Peer bereits mit 20 Jahren. Und das dank seinem Bruder Andri Peer, der ebenfalls Autor war: Der ältere Bruder beauftragte den jüngeren, eine Geschichte für den «Chalender Ladin» zu schreiben. Oscar Peer verfasste hierfür «Chasa veglia» (1952), die eine seiner Lieblingsgeschichten bleiben sollte.
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Immer weiter gefeilt
Er verbesserte und aktualisierte die Geschichte, wie die meisten seiner Texte, immer wieder neu. Die jüngste Fassung von «Chasa veglia» erschien 2010 zweisprachig, in Rätoromanisch und Deutsch. Sein letztes Werk «Eva und Anton» kam diesen Sommer neu heraus – auch dies eine verbesserte Fassung eines Originals von 2003.
Wann er überhaupt mit einem seiner Bücher zufrieden sei, wurde Peer von der «Südostschweiz» gefragt? «Wenn ich es ohne schlechtes Gewissen nochmals lesen kann», war daraufhin seine Antwort. Bei dem Text «Hannes» sei dies nach dem Erscheinen 1978 nicht der Fall gewesen. Die tragische Liebesgeschichte eines leicht behinderten Mannes hätte er demnächst in einer Neubearbeitung herausgeben wollen.
Preisgekröntes zweisprachiges Werk
Oscar Peer wurde am 23. April 1928 geboren in Lavin im Unterengadin geboren und wuchs auf einem Bauernhof auf. Nach einer abgebrochenen Lehre als Maschinenschlosser besuchte er das Lehrerseminar in Chur, und studierte anschliessend Romanistik an der Universität Zürich. Er schloss mit einer Dissertation zum surselvischen Schriftsteller Gian Fontana ab.
Auch danach widmete sich Oscar Peer dem Rumantsch. Mit dem Wörterbuch «Dicziunari rumantsch, ladin-tudais-ch», seinem ersten wissenschaftlichen Werk als Romanist, ist ein Basiswerk für die romanische Sprache entstanden. Peer war ein klarer Befürworter der Wichtigkeit der Idiome, zum Streit rund um die Standardsprache Rumantsch Grischun äusserte er sich höchstens im Privaten.
Der ausgegrenze Mensch als Motiv
Die Welt des bäuerlichen Unterengadins hatte Oscar Peer und sein Werk geprägt. «Sein zentrales Motiv ist der ausgegrenzte Mensch in einer kleinen Gesellschaft. Das Thema des Einzelgängers, der sich auflehnt, der daran bricht, und der sich schlussendlich diesem Schicksal ergibt», erklärt Mevina Puorger, Lehrbeauftragte für Rätoromanische Literatur und Kultur an der Universität Zürich und Herausgeberin von Oscar Peer.
Aber, Peer war kein politischer Autor. «In einem grossen Teil seines Prosawerks ist die Geschichte und Politik nicht vordergründig», so Puorger. Eine Ausnahme sei das autobiografische Werk «Das Raunen des Flusses», worin Peer den Leser zu den Figuren und prägenden Orten seiner Vergangenheit führt, und von den Geschehnissen der 1930er- und 1940er-Jahre des Unterengadins berichtet.
Peer unterrichtete viele Jahre an Mittelschulen und publizierte zahlreiche literarische Werke. Er schrieb sowohl in deutscher wie in rätoromanischer Sprache. «Akkord/Retuorn» wurde verfilmt, mehrere Werke wurden ins Französische und Italienische übersetzt. 1977 wurde Oscar Peer für sein Werk mit dem Schillerpreis ausgezeichnet, 2003 mit dem grossen Kulturpreis des Kantons Graubünden.