In schrillen orangen Kostümen fährt die siebenköpfige Band langsam aus dem Orchestergraben hoch. Bandlieder Elia Rediger ist der Erzähler und fragt ins Publikum «Have you ever heard about Neverland?» Neverland ist Peter Pans Inselreich, der magische Ort einer nie endenden Kindheit.
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Auf der Bühne steht das Spitalbett der kranken Wendy (Deleila Piasko). Ihre Krankenschwester ist ein Hund, haarige Arme und Beine schauen unter Nanas weissem Kittel hervor. Ansonsten verhält sie sich wie eine erstklassige Pflegefachperson. An den Wänden huschen Schatten vorbei, in Wendys Fieberträumen taucht Peter Pan auf – ein quietschlebendiger Junge mit Fellschürze und kleinen Hörnern auf der Stirn (Sebastian Schneider). In beleuchteten Trockeneisschwaden schweben die beiden schon bald durch die riesige Guckkastenbühne, während die Band einen atmosphärischen Sound dazu liefert.
Spielfreude trifft auf kalte Musik
In der Spielanlage, die der junge Regisseur Michael Lippold geschaffen hat, gibt es drei Ebenen. Die Gegenwart rund um die kranke Wendy, deren Eltern und Geschwister die gestressten Zeitgenossen mit dem Handy geben. Auf der zweiten Ebene ist das Piratenschiff von Käpt’n Hook, der schwermütig übers Deck torkelt (Jürg Wisbach). Zu dieser Ebene gehört auch Neverland als glitzernder Glaskasten: ein kuscheliges Höhlenreich, in dem die Kinder alles haben, was ihr Herz begehrt – ausser eine Mutter.
Auf diesen Ebenen trifft sich ein starkes Ensemble, das mit enormer Spielfreude ans Werk geht und sich physisch verausgabt. Allen voran Tiger Lilly (Lotti Happle), die als wildes Indianerkind die reine Energie verkörpert. Die Musik von The bianca Story übernimmt die Kommentarfunktion. In zumeist englischen Songs wird das Geschehen auf der Bühne gespiegelt.
Doch je mehr Spielschub auf der Bühne generiert wird, umso grösser wird der Kontrast zur Musik. Die beiden kommen nicht zusammen, sondern stehlen einander die Show. Das leidenschaftliche Spiel prallt am kühlen Sound ab, die Szenen verpuffen. Sogar der dynamische Fechtszene zwischen Käpt’n Hook und Peter Pan wird auf diese Weise die Wirkung gekappt.
Wo bleibt das Abenteuer?
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Dabei wäre das Abenteuer, welches das Publikum in diesem mehr als zweistündigen Familienstück erlebt, aufregend und zeitlos. J.M. Barries Geschichte bräuchte nur auf mindestens einer dieser vielen Ebenen nachvollziehbar erzählt zu werden. Denn Peter Pan, der als mutterloser Junge an der Grenze zum Erwachsenwerden steht, ist eine dankbare Figur, mit der sich Jung und Alt identifizieren können.
Es ist nicht erstaunlich, dass die Kinder im Publikum sich gerade an jenen Stellen äussern, wo auf der Bühne konkret gehandelt wird. Etwa wenn Wendy den verlorenen Schatten von Peter Pan wieder annäht. Oder: Wenn Käpt’n Hook seine trottelige Mannschaft in Schach zu halten versucht. Dann gibt’s Kichern und Getuschel im Saal. Dann ist das Publikum an der Geschichte dran und nicht an einem Popkonzert.