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Neuer Roman von Sally Rooney Liebe ist auch nur kein Wort

Reden, aber nicht über Gefühle: Ausnahmetalent Sally Rooney überzeugt auch mit ihrem zweiten Roman «Normale Menschen».

Sally Rooney ist ein Phänomen: Mit ihrem Debütroman «Gespräche mit Freunden» katapultierte sich die damals 27-jährige Irin 2017 in die New York Times Bestsellerliste.

Nur gerade ein Jahr später wurde ihr zweiter Roman «Normal People» mehrfach ausgezeichnet und von der BBC und Hulu bereits als Serie verfilmt. Jetzt erscheint der Roman in deutscher Übersetzung.

Zusammen allein

In «Normale Menschen» begleiten wir Marianne und Connell über den Zeitraum von ein paar Jahren, von der Adoleszenz bis ins junge Erwachsenenalter. Obwohl sie in derselben Kleinstadt aufwachsen und später am prestigeträchtigen Trinity-College in Dublin studieren, trennt die beiden vieles.

In der Schule ist der wortkarge Connell beliebt. Marianne dagegen gilt als Streberin und Aussenseiterin. Ausserhalb der Schule begegnen sie sich, wenn Connell seine Mutter abholt, die bei der wohlhabenden Familie von Marianne den Haushalt besorgt.

Als die beiden etwas miteinander anfangen, hält Connell die Sache geheim – aus Angst vor der Reaktion seiner Freunde.

Junge Frau mit Bob und Pony sitzt in einer Bluejeans, einem leichten Hemd und einem Blazer mit verschränkten Beinen auf einem Sessel und schaut freundlich-konzentriert.
Legende: Mehr als eine Stimme ihrere Generation: die irische Autorin Sally Rooney. Getty Images for Hulu/Erik Voake

Junge Menschen erkennen sich wieder

Die Stärken von Sally Rooney zweitem Romans liegen darin, dass er das Innenleben dieser beiden Figuren, die Beziehung zwischen ihnen, mit viel psychologischem Gespür porträtiert.

Gleichzeitig schafft er es, die grösseren Zusammenhänge, die gesellschaftlichen Einflüsse und Zwänge aufzuzeigen, die auf diese beiden Menschen einwirken

Eine junge Frau steht in einem Sommerkleid auf einem Pool-Sprungbrett vor einer hügelig-ländlichen Kulisse.
Legende: «Normale Menschen» wurde bereits als Serie verfilmt. Mit Daisy Edgar-Jones als Marianne. imago images/Prod.DB

Sex statt Gefühle

Marianne und Connell tasten sich in ihren Gesprächen vorsichtig aneinander heran. Sie sprechen über so ziemlich alles: Politik, autoritäre Lehrer an der Schule, Literatur und über Sex.

Doch worüber sie partout nicht sprechen, sind ihre Gefühle füreinander. Gefühle, die so heftig und furchterregend sind, dass sie sich anfühlen, «wie ein heranrasender Zug», der die beiden überrollt. So wird es Connell später einmal festhalten.

Als Marianne im Nachhinein eines dieser frühen Gespräche Revue passieren lässt, fügt sie in Gedanken dazu: «Sie hätte sich auf den Boden gelegt und ihn über ihren Körper laufen lassen, wenn er es gewollt hätte, das wusste er.»

Keine Beziehung auf Augenhöhe

Im Laufe des Romans erfahren wir: Mariannes charakteristische Art sich Männern gegenüber zu unterwerfen, ist ein Verhaltensmuster. Das hat sie sich in der Beziehung zu ihrem gewalttätigen Bruder aus Selbstschutz angeeignet.

In der Beziehung mit Connell jedoch wird dieser Charakterzug, neben ihrer beider Unvermögen, über ihre Gefühle füreinander zu sprechen, zum Problem, das eine Beziehung auf Augenhöhe erheblich erschwert.

«Normal-Sein» gibt es nicht

Beim Lesen sind die Missverständnisse und die zum Teil stereotypen Machtverhältnisse zwischen Connell und Marianne zeitweise frustrierend.

Doch wer einmal verliebt war, erkennt den Unglauben, dass der oder die andere einen genauso lieben und brauchen könnte und die Angst, sich einem geliebten Menschen gegenüber zu öffnen und damit verletzbar zu machen.

Normal sein ist eben häufig auch nur eine Vorstellung. Eine Norm, nach der wir uns richten. Und wenn es um Liebesgeschichten geht, muss diese Norm immer wieder neu hinterfragt werden.

Genau diesen Aspekt bringt Sally Rooney in ihrem Roman präzis und gleichzeitig beunruhigend auf den Punkt.

Buchhinweis

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Sally Rooney: «Normale Menschen», übersetzt von Zoë Beck, München: Luchterhand, 2020.

Sendung: SRF 2 Kultur, Kultur-Aktualität

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