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Neues Buch «Regen» Ferdinand von Schirach wagt eine One-Man-Show

Der Star-Autor hat ein neues Buch geschrieben: den Theatermonolog «Regen». Aufführen wird er ihn gleich selbst.

Sobald etwas Neues von ihm erscheint, reiben sich Buchhändlerinnen und Buchhändler die Hände – und tätigen grosse Bestellungen: Ferdinand von Schirachs Werke haben sich mehr als zehn Millionen Mal verkauft. Seine Krimis und Kurzgeschichten wurden verfilmt, seine Theaterstücke füllen ganze Säle.

Auch international – und das ist bei deutschsprachigen Autorinnen und Autoren selten – feiert er Erfolge. Die «New York Times» etwa bezeichnete ihn einmal als einen «aussergewöhnlichen Stilisten».

Strafverteidiger und Star-Autor

Bevor er zum Bestsellerautor wurde, war Ferdinand von Schirach als Strafverteidiger tätig. Das schlägt sich in seinem literarischen Werk nieder: Oft schreibt von Schirach über Verbrechen, Schuld und Strafe und über die Umstände, die Menschen dazu treiben, kriminell zu werden.

Diese Themen finden sich auch in seinem neuen Buch «Regen. Eine Liebeserklärung». Darin geht es um einen Schriftsteller, der zum Schöffen berufen wird. Als Laienrichter soll er helfen, ein Urteil zu fällen.

Hadern zwischen Schuld und Unschuld

In dem Prozess geht es um eine Beziehungstat: Ein Mann hat seine Partnerin erstochen. Der Fall setzt bei der Hauptfigur, also dem Schriftsteller und Laienrichter, einen Reflexionsprozess in Gang.

Er denkt darüber nach, dass es unmöglich ist, neutral zu urteilen. Er denkt nach über Schuld und Unschuld, über die Würde des Menschen, über das Schreiben und die Kunst – wie auch generell über Gutes und Schlechtes in unserer Zeit.

Ein Monolog fürs Theater

«Regen» ist ein sehr kurzer Text, nur knapp 60 Seiten lang. Von Schirach hat ihn in Ich-Form als einen Theatermonolog verfasst. Ab Oktober wird er ihn in mehreren Städten selbst aufführen.

Veranstaltungshinweis

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Mit dem Bühnenprogramm rund um das Buch «Regen» wird Ferdinand von Schirach auch in der Schweiz auftreten: am 20. Januar 2024 im Kongresshaus in Zürich, am 22. Januar 2024 im Stadtcasino in Basel und am 26. Januar 2024 im Kursaal in Bern.

Dass von Schirach sich nun eine One-Man-Show in grossen Veranstaltungshäusern vornimmt, ist überraschend. Denn eigentlich gilt der Schriftsteller als zurückhaltend, meidet die Öffentlichkeit. Und doch: Es passt zu ihm.

In seinem gesamten Werk thematisiert von Schirach die Ambivalenz des Menschen, seine Uneindeutigkeit. Beispielsweise sei niemand nur gut. Unter gewissen Umständen könne jeder zum Terroristen werden, jede zur Mörderin. Dass von Schirach die Abgründe zeigt, die in uns allen stecken, dürfte einen grossen Teil seines Erfolgs ausmachen.

One-Man-Show in grossen Sälen

Wenn auch in einer völlig anderen Weise zeigt von Schirach nun seine eigene Ambivalenz: Als scheuer Mensch wird er sich allein vor hunderte von Menschen auf die Bühne stellen.

Seine volle Wirkkraft dürfte der Text erst dort entfalten, vorgetragen auf der Bühne. Denn beim stillen Lesen wünscht man sich nach diesen 60 Seiten doch etwas mehr. Man möchte etwa wissen, wie der Strafprozess weitergeht. Und man sehnt sich nach weiteren der oft ziemlich amüsanten Weltbetrachtungen, die von Schirach seiner Figur in den Mund legt.

Immerhin hat der Verlag den «Regen»-Text um ein ausführliches Interview ergänzt, das die «Süddeutsche Zeitung» vor einem Jahr mit Ferdinand von Schirach geführt hat. Darin spricht der Star-Autor ungewohnt offen über die Depression, an der er seit seiner Kindheit leidet. Und er verrät allerhand Lebensweisheiten. Damit ist dieses Interview im schmalen «Regen»-Band eine kleine, aber gern genommene Zugabe.

Buchhinweis

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Ferdinand von Schirach: «Regen. Eine Liebeserklärung». 112 Seiten. Luchterhand, 2023.

Radio SRF 2 Kultur, Kultur-Aktualität, 24.08.2023, 07:52 Uhr

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