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Zeruya Shalevs Debütroman «Nicht ich» erscheint auf Deutsch
Aus Kultur-Aktualität vom 05.02.2024. Bild: Jonathan Bloom / Piper Verlag
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«Nicht ich» von Zeruya Shalev Die Star-Autorin, die mit miserablen Kritiken startete

Zeruya Shalev ist die derzeit erfolgreichste Schriftstellerin Israels. Ihren Debütroman, der bereits vor 30 Jahren erschien, gibt es nun erstmals auf Deutsch. Das Buch erzählt ungezähmt von grossem Lebens- und Liebeshunger.

Ein neues Werk der Bestseller-Autorin Zeruya Shalev liegt seit Kurzem in den Buchläden: «Nicht ich». Der Roman ist allerdings nicht wirklich neu, sondern schon gut 30 Jahre alt. 1993 erschien er erstmals in Israel – auf Hebräisch, der Muttersprache Shalevs.

Das Buch ist Zeruya Shalevs Debütroman. Als er herauskam, erhielt er miserable Kritiken und löste grosses Unverständnis aus. «Diese Reaktionen liessen mich verwundet und verängstigt zurück», schreibt Zeruya Shalev im Vorwort zu der nun veröffentlichten deutschen Übersetzung. «Ich verlor den Glauben nicht allein an das Buch, sondern an mich als Schriftstellerin.»

Miserable Kritiken

Shalev brauchte viele Jahre, um sich von den Reaktionen auf ihren Debütroman zu erholen. Erst jetzt, wo sie eine etablierte Autorin ist, sieht sie sich in der Lage, «ihn als Teil von mir anzunehmen». Deshalb stimmte sie nun einer Übersetzung ins Deutsche zu.

Viele Bücher liegen aufgestapelt, man sieht die Cover von «Liebesleben» und «Mann und Frau».
Legende: Die israelische Autorin Zeruya Shalev erreichte mit Romanen wie «Liebesleben», «Mann und Frau» oder zuletzt «Schicksal» ein Millionenpublikum. IMAGO / ducks

Aber: Woher rührten die vernichtenden Reaktionen, damals in Israel? Das lag zum einen am unkonventionellen Thema: Der Roman handelt von einer Frau, die ihren Mann und ihre kleine Tochter verlässt und ihre Sexualität auslebt, wie es ihr gefällt.

Zeruya Shalevs Erfolge

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Zeruya Shalev ist eine israelische Schriftstellerin. Ihre Romane wurden in mehr als 22 Sprachen übersetzt.

Im deutschen Sprachraum wurde sie mit dem ersten Band ihrer Romantrilogie über die moderne Liebe mit dem Titel «Liebesleben» (2000) bekannt. Das Buch wurde unter dem gleichnamigen Titel verfilmt.

«Mann und Frau», der zweite Band der Trilogie, erschien 2001. Der dritte Band, «Späte Familie», wurde 2005 veröffentlicht.

30 Jahre nach der hebräischen Ausgabe ist nun Shalevs Debütroman «Nicht ich» in deutscher Übersetzung erschienen.

Zum anderen liegt es an der wirren Erzählweise. «Nicht ich» ist in losen Episoden erzählt. Es gibt beim Lesen nichts, woran man sich festhalten könnte – keine nachvollziehbare Handlung, keine Chronologie.

Lebens- und Liebeshunger

Der Roman wirkt wie ein langer Traum ohne Logik. Er ist grotesk, wild, ja, fast manisch und zeugt vom grossen Lebens- und Liebeshunger der Erzählfigur. So schafft sie es beispielsweise nie, ihre Tochter rechtzeitig vom Kindergarten abzuholen. Der Grund: Sie schaut auf dem Weg zum Kindergarten stets bei ihrem Geliebten vorbei.

Zwei Frauen und ein Mann stehen hinter einer Filmkamera.
Legende: Autorin Zeruya Shalev, Regisseurin Maria Schrader und Kameramann Benedict Neuenfels am Set von «Liebesleben». IMAGO / Everett Collection

Von der Betreuerin ihres Kindes auf das Zuspätkommen angesprochen, sagt sie: «Verstehen Sie nicht, es geht hier ums Überleben! Ich schaffe es nicht bis zum Kindergarten, wenn ich nicht vorher den Geliebten ficke.»

Die Ich-Erzählerin steht völlig neben sich. Sie ist unglücklich mit ihrem Leben und lässt ihre Familie deshalb hinter sich.

Buchhinweis:

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Zeruya Shalev: «Nicht ich». Aus dem Hebräischen übersetzt von Anne Birkenhauer. Berlin-Verlag, 2024.

Das Hörbuch, gelesen von Maria Schrader, ist bei Hörbuch Hamburg erhältlich.

Doch auch nach dem Verlassen der Familie findet die Erzählerin in «Nicht ich» keine Erfüllung. Ihre Geliebten geben ihr keinen Halt, ihre Eltern auch nicht. Die haben den Namen ihrer Tochter vergessen, und – eine der grössten Absurditäten des Romans – der Vater hat sich in eine Kuckucksuhr verwandelt.

Ungezähmte Erzählweise

Komplizierte Liebes- und Beziehungsverhältnisse sind auch in Shalevs späteren Romanen die bestimmenden Themen. Darin erkennt man die Autorin von Bestsellern wie «Liebesleben», «Mann und Frau» oder «Schicksal» wieder. Von der ungezähmten Erzählweise her aber ist Shalevs Debütroman ganz anders als man es vielleicht erwartet hätte.

Video
Archiv: «Schicksal» von Zeruya Shalev
Aus Literaturclub vom 29.06.2021.
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Dank dieser Übersetzung kann jetzt also auch das deutschsprachige Lesepublikum nachvollziehen, womit Zeruya Shalevs Schreiben seinen Anfang nahm. Man sollte aber keine stringente, nachvollziehbare Handlung erwarten – sonst wird man sich von diesem Buch überrumpelt fühlen. «Nicht ich» ist ein rauschhafter innerer Monolog.

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SRF 2 Kultur, Kultur-Aktualität, 5.2.2024, 17:40 Uhr

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