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Literatur Noch mehr zu lesen von Anne Frank

Anne Frank hat der Welt weit mehr hinterlassen als allein ihr Tagebuch, das zu den meist gelesenen Büchern der Welt gehört. Eine Gesamtausgabe all ihrer erhaltenen Texte ist jetzt auf Deutsch erschienen: Nie abgeschickte Briefe aus Annes Versteck berühren ebenso wie kleine, kluge Essays und Märchen.

Anne Frank ist wohl das einzige Mädchen, das nur 15 Jahre alt wurde, von dem es aber eine Gesamtausgabe ihrer schriftlichen Werke gibt. Der über 800 Seiten dicke Band enthält ausserdem eine Reihe Familienfotos und Faksimile von Annes Handschrift.

Buchhinweis

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Anne-Frank-Fonds (Hrsg.): Gesamtausgabe. Übersetzt aus dem Niederländischen von Mirjam Pressler. Fischer, 2013.

Aufsätze von Historikern informieren über die spannende Entstehungs- und Publikationsgeschichte von Anne Franks Tagebuch, das in rund 80 Sprachen übersetzt ist und zu den meistgelesenen Büchern der Welt gehört. Es wurde nämlich zuerst von ihrem Vater Otto Frank, dem einzigen Überlebenden der untergetauchten Familie Frank, veröffentlicht. Elternkritische Passagen im Tagebuch hatte der Vater ausgeschieden. Nachdem niederländische Historiker weiteres Material gefunden hatten, fügten sie die fehlenden Passagen wieder ein und brachten das Tagebuch neu heraus.

Die Publikationsgeschichte wie auch die globale Rezeption des Tagebuchs der Anne Frank bilden ab, wie sich der Umgang mit dem Holocaust wandelte und bis heute wandelt. Auch Verfilmungen und zeitgenössische Theateradaptionen werden so mitbedacht.

«Neues» von Anne Frank

Gehört zu den meistgelesenen und -übersetzten Büchern: Anne Franks Tagebuch.
Legende: Gehört zu den meistgelesenen und -übersetzten Büchern: Anne Franks Tagebuch. Reuters

Zu den hier erstmals gesammelten Werken des Mädchens Anne Frank gehören Gedichte, Märchen und Geschichten, aber auch Essays, Notizen und Zitatesammlungen wie Annes «Schöne-Sätze-Buch». Inspiration holte sich das junge Mädchen demnach auch von den ganz Grossen wie Goethe. Bei den Kurzgeschichten fällt die Moralität auf, die das damals 13-jährige Mädchen mitunter etwas altklug an den Tag legt: Der Mensch prüfe sich selbst bei jedem Schritt und Tritt!

Im Essay «Gib!» etwa fordert Anne zum Teilen und Abgeben auf. Liebevoll und mit Herzlichkeit solle man den Armen geben, sie nicht abschätzig abspeisen oder gar ignorieren. Solidarität mit Behinderten und sozial Benachteiligten sei die moralische Pflicht derer, denen es besser geht und die mehr haben.

«Das ist typisch Anne!», sagt ihr Cousin, der Basler Schauspieler Buddy Elias und erklärt diese Haltung mit den schmerzhaften Erfahrungen, die seine Cousine schon vor dem Untertauchen im Hinterhaus auf der Strasse gemacht hatte. Das Mädchen war mit dem gelben Stern stigmatisiert und so alltäglichen Anfeindungen ausgesetzt.

Schreiben als Überlebensstrategie

Audio
Buddy Elias im Gespräch mit Judith Wipfler
aus Kultur kompakt vom 25.11.2013.
abspielen. Laufzeit 3 Minuten 8 Sekunden.

Aus dem Hinterhaus, in dem sich Anne Frank mit ihren Eltern und anderen Verfolgten zwei Jahre lang vor den Nazis versteckte, wurden damals keine Briefe abgeschickt. Das wäre zu gefährlich gewesen. Trotzdem, oder vielleicht gerade deshalb, schrieb Anne Frank Briefe an ihre Freundinnen, ohne zu wissen, ob diese jemals gelesen würden. Das allein schon berührt und überzeugt gleichzeitig von der therapeutischen Kraft des Schreibens: Schreiben als Überlebenstechnik und als kreativer Akt, die Isolation zu überwinden.

«Es ist ein Wunder, dass ich all meine Hoffnungen noch nicht aufgegeben habe, denn sie erscheinen absurd und unerfüllbar. Doch ich halte daran fest, trotz allem, weil ich noch stets an das Gute im Menschen glaube.» So schrieb Anne Frank noch am 15. Juli 1944 in ihr Tagebuch. Zwei Wochen später entdeckte die Gestapo ihr Versteck. Im März 1945 starb Anne Frank im KZ Bergen-Belsen.

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