«Telex aus Kuba» spielt am Vorabend der kubanischen Revolution. Fidel Castro versteckt sich mit den Rebellen in den Hügeln im Osten Kubas und bereitet den Aufstand vor.
Derweil feiern die Amerikaner, welche die Plantagen der United Fruit Company und die Nickelminen leiten, ausschweifende Partys in ihren luxuriösen Privatclubs.
Eine dekadente Gesellschaft
Rachel Kushner schildert hauptsächlich aus der Perspektive von zwei Jugendlichen, was in Kuba Ende der 1950er-Jahre passiert.
Ihr Augenmerk richtet sie dabei auf die Zusammensetzung der Gesellschaft: Auf die soziale Ungerechtigkeit, den Rassismus zwischen Kubanern und Amerikanern. Die harte und unmenschliche Arbeit auf den Zuckerrohrfeldern, die von Haitianern geleistet wird, welche wie Sklaven gehalten werden.
Abgeschottete Welt der Reichen
Im Kontrast dazu steht das Leben der Amerikaner auf der Insel. Rachel Kushner schildert minuziös, wie die Amerikaner in ihrer abgeschotteten Welt leben.
Wir lesen, was für ein privilegiertes Leben sie in ihren Villen mit kubanischen Dienstboten führen. Aber auch, wie sie die Langeweile mit sexuellen Affären und Alkohol betäuben. Und wie sie sich schamlos bereichern und mit korrupten Machthabern unter einer Decke stecken.
Die Rebellion beginnt
Rachel Kushner beobachtet sehr genau, urteilt aber nicht. Sie beschreibt, wie die sozialen Spannungen steigen, sich Vorboten einer Veränderung ankünden. Erste Zuckerrohrfelder brennen, die Rebellen in den Bergen bekommen immer mehr Zulauf – sogar von Kindern der Amerikaner, die sich vom dekadenten Leben ihrer Eltern abwenden.
Ein anderer Teil des Romans spielt in Havanna – und zwar im Rotlichtmilieu. Da wird «Telex aus Kuba» zum Spionagethriller mit Sexappeal und Unterweltcharme.
Bei Hemingway wird's klischeehaft
Ein ehemaliger Nazi-Spion trifft auf eine kubanische Stripteasetänzerin, die sich als Französin ausgibt. Sie schläft sich durch die Betten der Machthaber und macht nebenher Geschäfte mit den Rebellen.
Auch wenn Rachel Kushner damit noch mehr Spannung erzeugt, wirkt dieser Teil der Geschichte etwas aufgesetzt und unglaubwürdig. Da stecken zu viel Klischee über das Kuba der 1950er-Jahr und zu viel «name-dropping» drin.
So taucht auch Ernest Hemingway irgendwann in der legendären Bar «La Floridita» auf. Fidel Castro erlebt derweil in den Bergen mit dem Nazi-Spion ein sexuelles Abenteuer. Etwas dick aufgetragen.
Havanna ist mehr als Kulisse
Dennoch ist «Telex aus Kuba» ein packender Roman. Das liegt zu einem grossen Teil an den Milieubeschreibungen und der Figurenzeichnung. Kuba dient dabei nicht bloss als exotische Kulisse.
Rachel Kushner interessiert sich für die Geschichte des vorrevolutionären Kuba. Man spürt auch eine gewisse Sehnsucht, eine Spur Nostalgie nach diesem vergangenen Kuba. Das zeigt sich unter anderem in den stimmigen Natur- und Landschaftsbeschreibungen, die in Kontrast stehen zur sozialen Ungerechtigkeit.
Sendung: Radio SRF 2 Kultur, Kontext, 1.6.17, 9:02 Uhr