Zu wahr, dieser Satz, möchte man nur schon nach einem Blick in die eigene Mailbox sagen: Da kämpfen Dutzende von Mails mit fast ebenso vielen Versuchen, diese zu ver- oder entsorgen. Dabei gilt es eine prekäre Balance einzuhalten. Frisst das Aufräumen zu viel Zeit, hält es einen von sinnvolleren Beschäftigungen ab. Zugleich ist ein Minimum an Ordnung nötig, um nicht zu viel Zeit mit dem Wiederfinden zu verlieren. Die Gefahrenlage, die Paul Valéry 1919 in seinem berühmten Essay «Die Krise des Geistes» angesichts der moralischen und politischen Verwüstungen nach dem 1. Weltkrieg diagnostizierte, verfolgt uns also bis in den digitalen Alltag. Das bedeutet aber auch: Schon beim Sortieren der Mailbox kann der aufgeklärte Staatsbürger den Umgang mit diesen Gefahren einüben. Denn politisch bedeutet zu viel Ordnung: Diktatur. Und zu wenig Ordnung – tja, dem sagt man heute wohl «failed state» – «gescheiterter Staat».
Inhalt
Raffiniert Diktatur und Ordnung in der Mailbox
Barbara Basting