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Literatur Roman von metaphysischer Schönheit: «Anna und der Schwalbenmann»

Ein kleines Mädchen und ein geheimnisvoller Fremder überleben gemeinsam den Zweiten Weltkrieg. Eine märchenhafte Geschichte, die einen beim Lesen die Zeit vergessen lässt. Poetisch, kraftvoll, berührend schön. Über die Dinge des Lebens und die ganz grossen Fragen.

Krakau, 1939: Anna, eine aufgeweckte Siebenjährige, erlebt mit ihrem Vater, einem jüdischen Intellektuellen, eine glückliche Kindheit. Bis er eines Tages nicht mehr nach Hause kommt. Anna wartet. Und wartet. Einsam, verloren, voller Angst.

Dann kommt der Schwalbenmann

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Gavriel Savit: Anna und der Schwalbenmann, cbt 2016

Anna hat niemanden, der sie aufnimmt. Vermeintliche Freunde kehren ihr den Rücken zu. Da sieht sie im Gewimmel der Stadt den Mann, den sie «Schwalbenmann» nennen wird. Er fällt ihr auf, weil er so gross und dünn ist – und scheinbar mit den Vögeln kommunizieren kann. Für Anna geht etwas Faszinierendes und gleichzeitig Bedrohliches von ihm aus.

Kurzerhand beschliesst sie, ihm zu folgen. Aber er will sie zunächst nicht bei sich haben und sie zurück nach Krakau bringen: «In diesen Zeiten ist es nicht gut, wenn ein Mädchen ohne Vater ist», sagt er. Sie kontert: «Ist es nicht genauso schlimm für einen Vater ohne Tochter zu sein?» Diese Frage besiegelt Annas Vorhaben: Sie und der Schwalbenmann bleiben zusammen.

Von nun an durchstreifen die beiden die Wälder Polens und weichen dem Krieg – so gut es geht – aus. Vom Schwalbenmann lernt Anna zu überleben – auch ohne Geld und Dach über dem Kopf. Im Lauf der Geschichte stösst ein Dritter dazu: Reb Hirschl, ein Jude, der wunderschön auf der Klarinette spielt und es vermag, Leichtigkeit und Heiterkeit in Annas Alltag zu bringen. Mit ihm darf sie wieder ein kleines Kind sein. Aber das Schicksal schlägt mehrmals hart zu – und Anna muss lernen, sich selbst zu helfen, wenn sie überleben will.

Ein Buch der Fragen und ein magischer Roman

«Anna und der Schwalbenmann» ist ein magischer Roman, der sich auf mehreren Ebenen lesen lässt. Als berührende Geschichte, die erzählt, wie ein unschuldiges Mädchen mit Krieg konfrontiert wird. Als eindrückliche Geschichte einer stillen Freundschaft zwischen ungleichen Menschen. Als eine zum Nachdenken auffordernde Geschichte mit vielen Lebensweisheiten.

Vor allem aber ist «Anna und der Schwalbenmann» ein Märchen, mit einem Hauch metaphysischer Schönheit. Auch dank der präzisen und gleichzeitig poetischen Sprache vermag Gavriel Savit, der Autor, den Leser zu fesseln und ihn die Zeit vergessen zu lassen.

Und: es ist ein Buch der Fragen. Der Schwalbenmann sagt: «Ich weiss nicht alles, mein liebes Kind, und ich will auch nicht alles wissen. Wissen ist auch eine Art von Tod. Eine Frage kann das ganze lebendige Universum in sich tragen. Doch ein Stück Wissen ist starr und unfruchtbar. Fragen, Anna, Fragen sind viel wertvoller als Antworten. Wenn du immer nach Fragen suchst, kannst du nicht vom richtigen Weg abkommen.»

Unsicherheiten und Unklarheiten muss man aushalten können. «Anna und der Schwalbenmann» zeigen, wie man es schaffen kann.

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