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Streit um Comic-Klassiker Darum wird Gaston vor Gericht gezerrt

Comic-Antiheld Gaston sollte neu aufleben. Nun streiten sich der Verlag und die Zeichner-Familie vor Gericht. Antworten auf die drängendsten Fragen.

Was ist passiert? Der belgische Verlag Dupuis wollte den Comic-Antihelden Gaston Lagaffe nach 25 Jahren wiederbeleben. Diesen Oktober sollte «Le Retour de Lagaffe» erscheinen, der 22. Band der Serie.

Daraufhin regte sich Widerstand: Die Familie des verstorbenen Zeichners und Gaston-Urvaters André Franquin möchte Gaston ruhen lassen. Dies entspreche dem Willen des Zeichners. Franquins Tochter Isabelle Franquin protestierte in einem offenen Brief gegen die Comeback-Meldung des Verlags. Nun kommt der Fall vor Gericht.

Schwarzweiss Foto Mann mit Pilzfrisur, Hornbrille, schaut in Kamera, hält Stift für Autogramm auf Comic.
Legende: André Franquin zeichnete ab 1957 die Gaston-Comics. Mit dem sympathischen Antihelden griff er auch weltpolitische und sozialkritische Themen auf. imago / belga archives

Wem gehört Gaston? Rechtlich gibt es darauf keine klare Antwort. Comicexperte Christian Gasser sagt: «Der Verlag besitzt die Verwertungsrechte an der Figur, Franquins Tochter Isabelle Fraquin jedoch die Urheberrechte.» Ob der Verlag somit das Recht hat, die Figur einem anderen Zeichner und Autor anzuvertrauen, ist nicht geklärt.

Wie überzeugend sind die Argumente gegen ein Gaston-Comeback? Den offenen Brief gegen die Gaston-Wiederbelebung unter einem neuen Zeichner unterschrieben neben Isabelle Franquin auch etliche Zeichnerinnen und Zeichner.

Ein verständlicher Protest, findet Gasser. Schliesslich sei die Figur Gaston sehr schwierig von einem anderen Zeichner zu interpretieren und unweigerlich mit dem verstorbenen Franquin verbunden: «Die Figur hat sehr viel mit Franquin selbst zu tun. Dieser anarchische, chaotische, subversive Geist, der alles anders macht als die anderen.»

Warum darf Franquins Marsupilami dagegen weiterleben? Das Marsupilami, ein exotisches, gelbes Urwaldtier mit langem Schwanz, sei zwar eine ikonische Comic-Figur. Aber: «Verglichen mit Gaston hat es viel weniger Persönlichkeit und Charakter.»

Das Marsupilami war ein Geistesblitz von Franquin. Bei der Figur Gaston sei die Lage dagegen anders: «Franquin war zeitlebens ein hochdepressiver Mensch mit unglaublichen Komplexen», so Gasser. «Mit Gaston fand Franquin auch ein Ventil.»

Drei Comicbände, einer Spirou und Fantasion, einer vom Marsupilami und einer von Gaston
Legende: Auch das Marsupilami und Spirou und Fantasion gehen auf Franquin zurück. Gaston blieb jedoch zeitlebens seine Lieblingsfigur. IMAGO / Belga

Braucht es keine Fortsetzung für die Gaston-Fans? Ein neuer Gaston wäre wohl ein Erfolg mit Millionen-Auflage. Doch Comicexperte Gasser bleibt skeptisch, ob die Figur für ein Remake gemacht ist: «Eine Figur wie Gaston verliert irgendwann an Relevanz. Vielleicht darf sich eine Figur auch einmal zur Ruhe setzen». Das sei womöglich auch ihr gutes Recht.

Radio SRF 2 Kultur, Kultur-Aktualität, 17.05.2022, 17:20 Uhr ; 

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