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Vergessene Bond-Comics Bevor 007 zum Filmhelden wurde, war er ein Comic-Agent

Am Anfang war das Buch: bevor James Bond ein Kinoheld wurde, gab es den Comic Strip. Der ist heute fast vergessen. Zu Unrecht.

Wie sieht James Bond eigentlich aus? Mangels Verfilmung gab es darauf Ende der 1950er-Jahre keine richtige Antwort.

1957 sollte sich das ändern. Vier Jahre nach der Veröffentlichung des ersten 007-Romans «Casino Royal» trat die englische Boulevard-Zeitung «Daily Express» an Autor Ian Fleming heran. Mit der Anfrage, ob er sich einen Comic-Strip über seine Figur vorstellen könne. Konnte er.

Im Juli 1958, fünf Jahre vor dem ersten Spielfilm, ging es los. Mit der gezeichneten Version von «Casino Royal». Die Bilder schwarz-weiss wie die Fronten im Kalten Krieg.

Ein komisch guckender Engländer mit Zigarette, die in einer Spitze steckt.
Legende: Ian Fleming schrieb zwischen 1953 und seinem Tod im Jahr 1964 zwölf James-Bond-Romane und mehrere Kurzgeschichten. Getty Images

007, ein kalter Krieger

Der gezeichnete James Bond war, wie in der Buchvorlage, ein Produkt seiner Zeit, ein echter Kalter Krieger, ein Geheimagent des britischen MI 6, der für den Westen kämpfte. Das Böse, das waren die Kommunisten.

Die späten 1950er boten klare Feindbilder. In der Realität, in der Fiktion. Kapitalismus gegen Kommunismus. USA und die westeuropäischen Länder gegen die Sowjetunion und die Ostblockstaaten.

Im Kalten Krieg war Spionage ein wichtiges Instrument auf beiden Seiten. Insofern war ein Geheimagent ein naheliegender Held.

James Bond kommt in ein Büro.
Legende: Am 7. Juli 1958 ging es los mit dem ersten Bond-Comic. Titan Books

Die Story der ersten Comic Strips: 007 bekam den Auftrag, gegen den russischen Agenten LeChiffre vorzugehen, der eine französische Gewerkschaft unterwandert hatte.

Das Gesicht von James Bond

Aber wie sieht Bond nun aus? In den Büchern wird er als über eins achtzig und schlank beschrieben. Er wiegt über 70 Kilo. Auf der rechten Wange hat er eine lange, dünne Narbe . Die Augen sind blaugrau. Er hat kurzes, schwarzes Haar.

Ein gezeichneter Mann mit schwarzen Haaren.
Legende: So stellte sich James-Bond-Erfinder Ian Fleming seinen gezeichneten Agenten vor. Daily Express

Ian Fleming hatte dem «Daily Express» eine Zeichnung geschickt, wie er sich 007 vorstellte. Zeichner John McLusky war das Gesicht nicht männlich genug. Er entwarf seine eigene Version.

Ein rauchender Mann
Legende: Der James Bond in den Comic-Strips von John McLusky ähnelt Sean Connery, dem ersten 007 im Kino, sagen Fans. Titan Books

Ein ungewohntes Lesegefühl

Die Geschichten des Comic-Strips heute zu lesen, ist etwas ungewohnt. Sie wurden früher in täglichen Häppchen veröffentlicht.

Zwei Comic Strips, in den 007 Ski anzieht und einen Hang hinunter fährt.
Legende: Zwei Strips aus «In Her Majestys Secret Service». Titan Books

Der tägliche Strip bestand aus drei Bildern, in denen der Inhalt des vorherigen aufgenommen und weitererzählt wurde. Am Ende stand ein Cliffhanger, damit die Käufer tags darauf weiterlasen. Diese Struktur bleibt spürbar, selbst wenn man die Geschichten in einem Durchgang liest, was manchmal irritiert.

Was ist ein Comic-Strip?

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Vor dem Comicheft (und lange vor dem Comicalbum) gab es in den USA den Comic-Strip. Es gibt Comic-Strips, die seit 1918 laufen.

Ihre grosse Zeit begann in den 1920ern und endete nach dem Zweiten Weltkrieg. Sie waren so populär, dass sie in den USA die Auflage von Tageszeitungen bestimmten.

Populäre Comic Strips wie der Science Fiction «Flash Gordon» bekamen Ableger im Radio und im Kino.

Die Comic-Strips erschienen in Tageszeitungen. Die täglichen waren schwarz-weiss, die am Sonntag in Farbe.

Meist wurden Abenteuer- oder Krimigeschichten erzählt – über Wochen.

Jeden Tag erschien ein Strip, der die Story fortsetzte. Gelungenen Strips gelang es in vier Bildern, die Geschichte weiterzuerzählen und einen Cliffhanger am Ende zu haben, wie heute bei Serien, die die Leserin neugierig auf die Fortsetzung zu machen.

Das Tempo und die spannungsgetriebene Erzählweise kopierte Hollywood ab den 1930ern bei den Kino-Serials, den Vorläufern von TV-Serien.

Ein anderer Bond

Wer 007 nur als Superagenten aus dem Kino kennt, lernt in den Comic-Strips einen anderen James Bond kennen. Er ist dichter dran ist an der Romanvorlage: ein Kerl, der ohne Gadgets mit seinen Gegnern klar kommen muss.

James Bond schwitzend und blutend.
Legende: Daniel Craig zeigte in «Casino Royal» wieder einen James Bond, der verletzt werden konnte und sich sogar verliebte. Universal

007 ist auch nur ein Mensch

Der gezeichnete Agent war menschlicher und verletzlicher als der spätere Held im Kino. Er rauchte, trank zu viel und wachte auch mal verkatert auf. Damit erinnert er an Daniel Craigs Bond-Version in «Casino Royal», dem ersten Auftritt des Schauspielers als 007.

Audio
Filmredaktor Enno Reins über «Casino Royal»
02:44 min Bild: Disney
abspielen. Laufzeit 2 Minuten 44 Sekunden.

Seine Abenteuer überstand der Bond im Comic-Strip oft nur angeschlagen. 007 wurde von Messern getroffen, vergiftet, gefoltert und bekam eine Gehirnwäsche. Ein Gegner ritzte sogar den Namen des russischen Geheimdienstes in seinen Handrücken, damit er in Zukunft erkannt wurde.

James Bond liegt im Krankenbett. Eine Krankenschwester ist bei ihm.
Legende: Kein unbesiegbarer Superagent: James Bond im Krankenbett. Titan Books

Das steht im Gegensatz zum nahezu unverwundbaren Superagenten, wie ihn insbesondere Roger Moore und Pierce Brosnan im Kino geprägt haben, bei dem nach dem schlimmsten Gefecht höchsten mal die Bügelfalte der Anzughose nicht mehr so perfekt sass.

In den 1950ern setzte sich der Comic-Strip aus heutiger Sicht in zwei Dingen wohltuend von der Romanvorlage ab. Da er jugendfrei sein musste, wurden sexuelle Andeutungen reduziert und damit auch die Frauenfeindlichkeit und der Chauvinismus. Und auch die Homophobie, die in den Werken auftaucht, gibt es nicht.

Bond fährt Ski.
Legende: Action gab es auch im Comic-Strip genug. Titan Books

Gerade die frühen Strips waren sehr erfolgreich und machten die Agentenfigur auch bei denen bekannt, die die fünf Romane, die bis 1958 erschienen war, nicht gelesen hatten. Damit war James Bond in England in zwei Medien erfolgreich, noch bevor 1962 mit dem Kinofilm «Dr. No» der weltweite 007-Hype begann.

Lesetipps

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Der 007-Comic-Strip erschien von vom Juli 1958 bis Februar 1962. Dann gab es wegen Rechtestreitigkeiten eine zweijährige Pause, bevor es bis Januar 1984 weiterging.

Im Verlauf nahm die Qualität des Strips ab. Die Geschichten wurde mies und die Zeichner nutzten jede Gelegenheit, barbusige Frauen in Szene zu setzen.

Lesenswert sind die Geschichten der ersten vier Jahre, die überwiegend auf den Vorlagen von Ian Fleming basieren.

Empfehlungen:

  • The James Bond Omnibus Vol. 1.
  • The James Bond Omnibus Vol. 2.

Beide Bände erschienen auf Englisch bei Titan Books.

SRF 3, 28.09.2021, 19.10 Uhr

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