Die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts war das «Zeitalter Beethovens» – aber ebenso das «Zeitalter Rossinis». Dessen Oper «Der Barbier von Sevilla» avancierte nach dem anfänglichen Misserfolg 1816 rasch und europaweit zum Hit.
Als die Begeisterungswelle 1819 auch Wien erreichte, fürchtete sich selbst der profilierte Ludwig van Beethoven vor solcher Konkurrenz. Kein Wunder schimpfte er: «Rossini und Konsorten, die sind eure Helden. Von mir wollen sie nichts mehr».
Ein Komponist fürs Leichte?
Der Durchbruch mit dem Barbier prägte allerdings auch Rossinis Image als Komponist fürs Leichte. Rossini litt darunter, das Image hat sich aber bis heute nicht gross verändert.
Dabei war der Barbier bei weitem nicht die erfolgreichste seiner Opern: Erfolge feierten seine tragischen Werke «Otello» (1816), «Mosè in Egitto» (1819) und «Semiramide» (1823). Heute kennt sie kaum noch jemand.
Heute erinnern wir uns noch am ehesten an seine Interpretation von «Wilhelm Tell» – genauer an die Ouvertüre. Als Grand Opéra für Paris geschrieben strotzte Rossinis «Tell» nur so vor neuen Ideen und betörenden melodischen Einfällen.
Keine Lust oder keine Energie mehr
«Wilhelm Tell» war Rossinis letzte Oper – und das, obwohl er erst 37 war, als er sie schrieb. Wollte er einfach die Arbeit nicht mehr auf sich nehmen? Oder war es ein Burnout – was nach 39 Opern innerhalb von 20 Jahren durchaus denkbar wäre?
Für neue Opern bestand jedenfalls keine wirtschaftliche Notwendigkeit mehr, dafür war Rossini inzwischen viel zu berühmt.
Stattdessen widmete er sich Gelegenheitskompositionen für seine «Soirées musicales», für seine geselligen Anlässe bei sich zu Hause.
Weitere Anlässe, an denen er teilnahm, nannte er selbstironisch péchés de vieillesse – Alterssünden.
Ein Requiem für Rossini von Verdi
Gioacchino Rossini starb am 13. November 1868. Nach seinem Tod regte Giuseppe Verdi dazu an, gemeinsam mit zwölf anderen Komponisten ein Requiem für ihn zu komponieren. Das Projekt scheiterte aber.
Übrig blieb Verdis Beitrag, das «Libera me», das später zum Ausgangspunkt für sein «Requiem» wurde. Es handelt sich um eine Nachschöpfung des «Inflammatus» aus Rossinis «Stabat mater».
Das passt, nimmt doch gerade dieser Teil den neuen, expressiven Stil Verdis vorweg.