Der Anlass hat Tradition, keine Frage. Damit ist nicht primär die Ur-Version der Schubertiade gemeint, bei welcher Schubert zusammen mit Freunden im privaten Kreis Hauskonzerte abhielt. Nein, auch die Schubertiade der Romandie kann bereits auf eine längere Geschichte zurückblicken.
Ungewohnte Räume bespielt
Seit 1978 findet sie statt, macht alle zwei Jahre Halt in einer anderen Westschweizer Stadt. Sie bespielt Säle, Kirchen, Plätze, aber auch ungewohnte Räume wie Werkstätten oder Museen mit klassischer Musik rund um Schubert.
Rund 150 Konzerte mit fast 1500 mitwirkenden Musikern und Sängerinnen kommen dieses Jahr in Yverdon-les-Bains zusammen. Dies alles unter der Fahne des RTS-Kultursenders « Espace 2 », der zwei Tage lang quasi nonstop Liveübertagungen in den Äther schickt.
Kein Festival, ein Fest!
«Na und?», könnte man entgegnen: «Ein Festival mehr mit klassischer Musik.» Was macht die Schubertiade anders als andere Veranstaltungen auf diesem Gebiet?
Genauer betrachtet ist die Schubertiade gar kein Festival, sondern ein Fest. Der ganze Ort steht ein Wochenende lang im Zeichen der Musik, überall tummeln sich Musiker, Chorsänger, und Horden flanierender Zuhörer und Zuhörerinnen. Ganze Familien. Mit Bratwurst und Cola in der Hand, ständig in Bewegung, fast wie auf dem Jahrmarkt. Das kann man mögen oder nicht.
Wohin zieht es die Leute? Von einem Konzert zum anderen, wobei jedes nur zwischen 30 und 40 Minuten dauert. Dafür finden ständig mehrere statt.
15 Orte werden konstant bespielt. Man darf ein Ohr «reinhängen», aber auch gleich weiterziehen, wenn es einen nicht reinzieht. Ganz ungezwungen.
Klassik für alle
Schnell wird klar: Die Niederschwelligkeit hat System bei der Schubertiade. Hier wird nicht primär der anspruchsvolle Musik-Afficionado angesprochen, sondern vor allem jene Leute, die zwar Musik lieben, aber Berührungsängste haben mit dem traditionellen Konzertsaal.
Hier sollen sie in lockerer Atmosphäre mit Musikern zusammenkommen: Mit namhaften Spitzenmusikern im Streichquartett oder im Lied-Duo, aber auch mit Laienchören und Amateurorchestern. Die Basis trifft sich mit den Profis, sozusagen. Und danach wird ein Glas Fendant getrunken.
Das Publikum singt mit
Die Schubertiade tut also einiges gegen elitäres Musikverständnis, das darf man ihr getrost attestieren. Das gipfelt darin, dass man bei der obligaten sonntäglichen Aufführung der Deutschen Messe von Schubert selber mitsingen muss. Das findet auf der jeweiligen «Place Centrale» statt, also Open Air.
Dort stehen dann bis zu 3000 Leute zusammen und singen gemeinsam, quer durch alle Altersstufen und sozialen Schichten.
Wer sich darauf vorbereiten will, findet auf der Schubertiade-Homepage auch noch die Partitur und Audio-Files der entsprechenden Stimmen. So nimmt die Schubertiade fast schon einen Bildungsauftrag wahr. Chapeau!
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