«In Wien musst du erst sterben, dass sie dich hochleben lassen. Aber dann lebst’ lang.» Falco hat die Sache mit dem Nachruhm realistisch eingeschätzt. Wien präsentiert sich heute nicht nur mit einer «Falcogasse», sondern auch mit einer «Falcostiege», deren Strassenschild übrigens das mit Abstand meist gestohlene der österreichischen Hauptstadt ist.
Andererseits: Dass Falco zu Lebzeiten nicht angemessen gewürdigt worden wäre, kann man auch nicht behaupten. Schliesslich war der Pop-Narziss der einzige Rockmusiker des deutschen Sprachraums, der es je an die Spitze der US-amerikanischen Charts geschafft hat. So einer wird anerkannt – auch zu Lebzeiten.
Von Hansi Hölzel zu Falco
Was prädestinierte Falco zum Weltstar? Auf gut Wienerisch gesagt: Chuzpe, Charme und Schmäh haben sicher einiges dazu beigetragen, dass es der Kleinbürgerspross ganz nach oben schaffte.
Johann «Hansi» Hölzel, wie der Pop-Gott aus der Vorstadt mit bürgerlichem Namen hiess, wählte sein Pseudonym als Hommage an den DDR-Skiflugweltrekordhalter Falko Weisspflog.
Musikalisch schuf Falco den paradigmatischen Sound der 1980er-Jahre: hedonistisch, kunstvoll manieriert, voll exaltierter Grandezza. Falco, das war – zumindest im deutschen Sprachraum – der Sound der Yuppie-Ära.
Adrett und schnieke
Von den zottelhaarigen Protestrockern der Vorgängergeneration hob sich Falco früh ab – mit einem adretten Kurzhaarschnitt und schnieken Designeranzügen. Künstlerisch setzte Falco auf eine kühne Synthese aus Hip-Hop, Funk, New Wave und frühem Dancefloor-Sound. 1982 landete er seinen ersten Welthit: «Der Kommissar».
«Mit 25 steht ein junger Musiker unter enormem Druck, wenn er einen Erfolg dieser Grössenordnung feiert», meint der österreichische Filmemacher Thomas Roth, der Falcos Leben 2007 in einer aufwändigen Filmbiografie verfilmt hat.
«Am Ende des Tages bleibt ein weisses Blatt Papier. Auf dieses Blatt sollst du den nächsten Welthit schreiben. Wenn du das nicht schaffst, bist du ein One-Hit-Wonder und sonst nichts.»
Ein komplexbeladener Kleinbürger
Falcos Leben vollzog sich auf einer abschüssigen Bahn. Am Ende dieses Lebens – mit 41 – war er ausgepowert, leer, am Ende.
«Hinter der Fassade des grossspurigen Geniedarstellers steckte nicht nur ein suchtkranker und hochgradig verletzlicher Mensch», resümiert die Wiener Society-Journalistin Angelika Hager, «sondern auch ein durch seine Herkunft komplexbeladener Kleinbürger, der zeitlebens verzweifelt um die Anerkennung der Intellektuellen, Literaten und bildenden Künstler rang.»
Zu seinen Glanzzeiten durfte Falco mit dieser Anerkennung rechnen. Später, als es mit seiner Karriere bergab ging, nicht mehr so ganz. Vor 25 Jahren starb Falco bei einem Autounfall in der Dominikanischen Republik.
Vermarktungs-Maschinerie auf Hochtouren
Heute ist Falcos Nachruhm ungebrochen. Viele Falco-Songs sind Klassiker, es gab ein Album zu seinem 60. Geburtstag und natürlich auch ein Falco-Musical. Die übliche Mythenvermarktungs-Maschinerie.
Sonst aber kann man nicht behaupten, dass Falco die popkulturelle Gegenwart in nennenswerter Weise prägt. Der unverwechselbare Falco-Sound bleibt den schwülen, grellen, hysterisierten Achtzigern verpflichtet. Ein Jahrzehnt, dem der Wiener musikalisch seinen Stempel aufgedrückt hat wie wenige andere.