Sollen die Preussen und Österreicher ihre Kriege doch allein ausfechten! Das Kurfürstentum Mainz hält sich aus der Politik heraus und konzentriert sich lieber auf die Ideen der Aufklärung. Die Wirtschaft brummt. Die Kultur blüht.
Ein junger Mann namens Bernhard Schott richtet sich eine Werkstatt für Kupferstiche und Notendruck ein und eröffnet einen Laden.
Exklusives Privileg
Die Rechnung geht auf. Auch der nächste Mainzer Kurfürst liebt und fördert die Musik. Bernhard Schott, der junge Klarinettist und findige Kaufmann, produziert immer mehr Notendrucke: vor allem Klavierauszüge und Bearbeitungen beliebter Stücke.
Bald bekommt er vom Kurfürsten das «Privilegium exclusivum»: Niemand ausser Schott darf Noten drucken. Der verkauft jetzt auch Instrumente, stellt eigenes Papier her und hinterlässt seinen Erben ein blühendes Unternehmen mit einem exklusiven Kundenstamm: Mozart, Rossini, Beethoven.
Seinen grössten Coup landet der Schott-Verlag, als er Ludwig van Beethovens 9. Sinfonie herausbringt, die legendäre Freiheitshymne.
Opportunismus, Geschick und Richard Wagner
Die Erfolgsgeschichte, die Schott neben aller Konkurrenz bestehen und überleben lässt, ist schon fast unheimlich. Denn es gibt in anderen Städten auch expandierende Verlage: Breitkopf & Härtel, Schlesinger, Peters, die Universal Edition.
Während andere jedoch eingehen, bleibt Schott einer der ganz Grossen, der auch alle politischen Umbrüche überlebt hat: Revolutionen, Kriege und den Nationalsozialismus – dank Opportunismus, Geschick und Risikofreude.
Und dank Richard Wagner: Schott bringt hunderte Ausgaben seiner grossen Opern heraus. Das bedeutet 30’000 Stichplatten. Bei der Tagesleistung eines Notenstechers von einer Platte ist das ein ungeheurer Aufwand.
Zudem fordert Wagner exorbitante Vorauszahlungen, was Schott an die finanziellen Grenzen bringt. Aber er hat es überlebt. Letztlich war es eine Win-Win-Situation für beide Seiten.
Die Geschichte des Schott-Verlags geht weiter. Seit 20 Jahren setzt der Verlag jetzt voll auf Digitalisierung. Er hat E-Books, E-Pubs, Downloads und Apps im Sortiment, eine Plattform für Self Publisher, eine Download-Plattform und auch eine Verteilerstation, die zehntausende Werke für Film, Fernsehen und Werbung zur Verfügung stellt.
Der Schott-Verlag ist heute «too big to fail», was nicht zuletzt am langjährigen Chef Peter Hanser-Strecker liegt. Er hat die Internationalisierung systematisch vorangetrieben und zwölf kleinere Musikverlage gefressen.
Weder Raubkopien, Datenklau und Dumpingpreise beim Streaming können dem Verlag ernsthaft schaden. Denn es gibt auch noch das altbewährte Verlagsprogramm mit 35’000 Titeln jährlich kommen 350 neue dazu.
Nicht zu vergessen die 6000 Bühnen- und Konzertwerke, die in alle Welt verliehen werden. Alles zusammen ergibt ein Patchwork-Portfolio, das den Verlag auch in die nähere Zukunft tragen dürfte.