Leopold Mozart weist seinen erwachsenen Sohn Wolfgang zurecht, tadelt seinen ausschweifenden Lebensstil: So zeigt Regisseur Miloš Forman 1985 in seinem Film «Amadeus» Vater und Sohn Mozart. Selbst nach seinem Tod erscheint Leopold seinem Sohn als Geist – eine Vaterfigur, der man nicht ausweichen kann.
Mit diesem Bild räumt die Musikwissenschaftlerin Silke Leopold nun auf. Sie hat zu Leopold Mozarts 300. Geburtstag die erste Biographie über den berühmtesten Vater der Musikgeschichte geschrieben.
«Der Film ‹Amadeus› hat viel Porzellan zerschlagen», sagt sie. «Er verzerrt die Persönlichkeiten von Wolfgang und Leopold; verklärt den einen zur Lichtgestalt, degradiert den anderen zum dunklen Schatten.»
Der ehrgeizige Leopold
Leopold Mozart stammt aus einer Aufsteigerfamilie. Sein Vater ist ein einfacher Handwerker, der möchte, dass die Familie Mozart in der Gesellschaft aufsteigt – und deshalb seinen Erstgeborenen aufs Gymnasium schickt.
Trotz glänzender Ergebnisse bricht Leopold Mozart die Ausbildung ab, denn er unterwirft sich nicht gern den Regeln von Institutionen. Den Weg zur Musik bahnt er sich ganz allein. Er schafft es bis zum Vizekapellmeister der Salzburger Hofkapelle.
Leopold Mozart komponiert, unterrichtet und dichtet, und veröffentlicht 1756 sein bis heute bekanntestes Werk: «Versuch einer gründlichen Violinschule» – ein schon zu seinen Lebzeiten sehr erfolgreiches Lehrbuch mit mehreren Auflagen und Übersetzungen; und eine bis heute viel genutzte Quelle für die Interpretation der Musik seiner Zeit.
Begabter Sohn, begabte Tochter
Im selben Jahr wie die Violinschule kommt das jüngste Kind zur Welt: Wolfgang Amadeus Mozart. Leopold fördert die enorme musikalische Begabung seines Sohnes, und auch die seiner älteren Tochter Nannerl. Mit ihnen unternimmt Leopold monatelange Reisen: Als Wunderkinder spielen sie vor etlichen Königen und Fürsten – und lernen dabei auch die musikalische Welt Europas kennen.
Dass Leopold dieses Wagnis immer wieder unternimmt, ist keine Selbstverständlichkeit – bei all den Schwierigkeiten, die das Reisen damals mit sich brachte: Die Kutschen waren unbequem, die Gastzimmer kalt, das Wasser schmutzig. An jedem neuen Ort mussten die richtigen Beziehungen geknüpft werden. Nicht zu vergessen ist auch das finanzielle und gesundheitliche Risiko, das jede Reise damals mit sich brachte. All das hat Leopold mit grossem Erfolg gemanagt.
Bruch zwischen Vater und Sohn
Und weil er ein so geschickter Manager ist, kann er es nicht mit ansehen, wie ungeschickt sich sein erwachsener Sohn in alltagswichtigen Dingen anstellt. Wolfgang ist ständig verschuldet, lässt sich von anderen ausnutzen – es kommt zum Bruch zwischen Vater und Sohn.
Silke Leopold zeigt, worin Leopold Mozart seine grösste Stärke hat: im Unterrichten. Er war der einzige Lehrer seines berühmten Sohnes Wolfgang Amadeus. Komponieren, Klavierspielen, Italienisch und Latein: all das hat Wolfgang von seinem Vater gelernt.