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Auflösung von Daft Punk Die Wucht des Wumms: Danke, Daft Punk

Das Dance-Duo Daft Punk hat House Music globalisiert. Jetzt trennen sich die zwei Franzosen. Ein nostalgischer Nachruf.

Selbst das Ende von Daft Punk hat Stil. Der Abschied ist so perfekt poliert wie ihre grössten Hits «Around the World» , «One More Time» und «Get Lucky» .

Es gibt keine Gründe für die Auflösung. Keine Tränen. Alles, was den Trauernden bleibt: ein achtminütiges Video mit dem Titel «Epilogue» .

Au revoir, Daft Punk

Die Bilder stammen von ihrem Film «Electroma» von 2006. Zwei Roboter möchten Menschen werden. Das gelingt ihnen nicht.

In der Wüste sprengt sich der eine in die Luft, der andere wandert in den Sonnenuntergang. Ein engelsgleicher Chor singt von Liebe. Das war's: Au revoir, Daft Punk. 1993 bis 2021.

Zwei Menschen mit schwarzen Anzügen stehen auf einer beleuchteten Bühne
Legende: Zwei Roboter, die auf der Bühne stehen: Solche Auftritte, wie hier bei den Grammy Awards 2017 gehören der Vergangenheit an. Getty Images / Kevin Winter / Staff

Beats und Bässe

So wortlos endet das erfolgreichste Dance Projekt der vergangenen 25 Jahre. Das
Erfolgsrezept der beiden DJs Thomas Bangalter und Guy-Manuel de Homem Christo: Disco Beats, harte, stumpfe Bässe, überdrehte Schlagzeugcomputer, verfremdete Stimmen.

Jedes der musikalischen Mittel war bereits in den 1990er-Jahren retro. Daft Punk erinnerten an die Wucht von Acid House auch Chicago, Disco aus München und New York. Aber sie setzten alles neu zusammen und klangen dabei stets einzigartig.

Bumm Bumm für alle

Nach zwei Sekunden erkennt man ihren Sound. Diese Eleganz selbst im Stumpfsinn. Das grosse Gefühl dafür, was die Menge in den Wahnsinn treibt – trotz Roboterlook.

Daft Punk: Das ist Bumm Bumm pour tout le monde. In Frankreich sogar für eine militärische Blaskappelle, die 2017 zu Ehren von Präsident Macron und Donald Trump ein Medley aus Daft Punk-Hits spielte.

Eine englische Musikzeitschrift nannte 1993 die Gitarrenmusik der Vorgängerband «daft punk», also doofer Punk. Der neue Bandname war geboren. Stücke wie «Da Funk» kursierten zwei Jahre in coolen Clubs, auch in den USA. 1997 erschien ihr Debütalbum «Homework».

Zwei Männer mit transparenten Masken
Legende: Der Daft-Punk-Look 1997: Weniger Roboter – trotzdem schräg. Getty Images / Paul Bergen / Kontributor

Das Album war ein Erdbeben, das jeder Dancefloor spürte. Jede WG, jede Raverin, jede Büroangestellte, jeder Handwerker, jeder Hipster. Man. Musste. Dazu. Tanzen. Und zwar «Around the World», wie der Hit des Albums hiess.

Daft Punk prägte einen Stil, der verschiedene Namen hatte: French House, French Touch oder auch Filter House. Weil Daft Punk gerne mit sogenannten Tiefpass-Filtern erst die Höhen wegdrehte, um sie dann wieder extrem aufzudrehen: Wumms macht der Bass.

Bei Millionen von DJs wurde das zum Klischee. Bei den Franzosen klang es smart.

Schwarzer Discosound der 1970er-Jahre

Der Hauptgrund für ihre Eleganz: ihre Verehrung für afroamerikanische Stile wie Disco und House. Die Hits vom «Discovery»-Album (2001) feiern die schwarze Disco der 1970er-Jahre. «One More Time» und auch «Harder Better, Faster, Stronger» markieren ihre Einflüsse überdeutlich.

Doch auf der globalen Stufe des Erfolgs wurden ihre Verneigungen nicht immer verstanden. Wer wusste schon wie stark «Harder, Better, Faster, Stronger» sich bei «Cola Bottle Baby» des schwarzen Funkmusikers Edwin Birdsong von 1979 bediente?

Birdsong hat bestimmt Tantiemen erhalten für das Sample. Aber ein bitterer Nachgeschmack bleibt.

Zu schwarz, zu viele Drogen

Denn es brauchte eine weisse europäische Tanzband, um den weissen US-amerikanischen Kids jene Musik zu verkaufen, die schwarze Landsleute erfunden hatten.

Man nannte sie auch nicht mehr Techno oder House, sondern Electronic Dance Music (EDM). Ohne Daft Punk kein EDM in den USA. Erst jetzt wuchsen die Budgets, die Festivals, die Gagen.

Das Wort Rave vermied man. Zu schwarz, zu viele Drogen. Ein Kongressabgerdneter hatte ein Gesetz durchgebracht, das Veranstalter mit einer Viertelmillion Dollar und 20 Jahre Haft bestrafen konnte, wenn auf ihrem Gelände Ecstasy konsumiert wurde. Der Politiker hiess Joe Biden.

Dabei haben Daft Punk stets etwas dafür getan, die Geschichte vielfältig zu schreiben. Besonders mit ihrem letzten Album, dem Welterfolg «Random Access Memories».

In «Get Lucky» spielt Nile Rodgers von der Disco-Gruppe Chic seine tänzelnde Funkgitarre, Pharrell Williams singt wie rauer Samt.

Die Tränen kommen von allein

Die Götter der Elektronik stellen ihre Musik mit «richtigen» Instrumenten und schwarzen Stars nach. Sie zeigen damit, woher ihre Musik kommt und dass ihre Liebe der Black Music gilt.

«If love is the answer», singt der Chor im Abschiedsvideo, wenn Liebe die Antwort ist, dann bist du zu Hause. Wir haben im Moment keine andere Wahl, als zu Hause zu tanzen. Die Tränen kommen sicher von alleine.

Sendung: Radio SRF 2 Kultur, Kulturnachrichten, 23.2.2021, 06:03 Uhr

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