Es ging Schlag auf Schlag. Erst gab der Münchner Verlag Piranha Media bekannt, dass «Groove» eingestellt wird. Das Magazin für Clubkultur und elektronische Musik wird es ab 2019 nur noch online geben. Und dann hiess es ein paar Tage später: mit dem Popkulturmagazin «Spex» sei Schluss. Das Magazin werde ab nächstem Jahr eingestellt.
Wirklich überraschen konnten diese schlechten Nachrichten nicht. Die Misere hatten andere schon angekündigt. «De:Bug» war vor ein paar Jahren verschwunden. Im Juli erschien das Musikmagazin «Intro» zum letzten Mal. Deutschsprachiger Popjournalismus erlebt schwierige Zeiten.
Hohe emotionale Bindung
«Spex» und «Groove» haben beide durch kritische Haltung und grosse Fachkundigkeit bestochen. «Spex» hat über Jahre einen leidenschaftlichen Pop-Diskurs geführt: legendär, wie in den 80ern Autoren wie Diedrich Diederichsen für oder wider eine Platte schwadronierten.
«Groove» trat schon früh den Beweis an, dass man seriös über elektronische Clubkultur schreiben konnte. «Spex» gab es 40 Jahre lang, «Groove» 30.
Im Leben vieler Leser waren die beiden Magazine nicht wegzudenken. Die emotionale Bindung war hoch, die Berichterstattung stiftete Identität.
Geheimwissen im Musikheftli
«Spex» und «Groove» waren Zeitschriften, in denen man über neue Musik las, über New Wave, Hip-Hop, House oder Drum’n’Bass. Das war Geheimwissen, das einem zugeflüstert wurde – weil die beiden Magazine einen Informationsvorsprung hatten.
Bloss: Dieses Geheimwissen gibt es heute nicht mehr. Die Deutungshoheit der Popmagazine ist im Zeitalter des Internet verschwunden. Alle haben die Informationen gleichzeitig. Das machte es den Magazinredaktionen nicht einfacher.
Das Internet hat den beiden gedruckten Blättern aber noch aus einem anderen Grund den Garaus gemacht: Die Anzeigenkunden sind abgewandert. Heute wird vermehrt in Social-Media-Werbung investiert, der Anzeigenmarkt für Printmagazine ist dramatisch geschrumpft.
An den Kiosken gibt es immer weniger Platz für kleine, zweimonatlich erscheinende Magazine. Geld verdienen ist schwierig geworden.
Die letzten Überlebenden
Im Internet wird das bestehende Online-Angebot von «Groove» jetzt stark ausgebaut. Ab 2019 gibt es «Groove» im Bezahlabo. Es wird sich zeigen, ob «Groove» so überleben kann. Aber in einer Zeit, in der Musikjournalismus zusehends in Abhängigkeiten gerät, ist es unbedingt einen Versuch wert.
Wer sich künftig am Kiosk ein Magazin über Popmusik kaufen will, hat noch zwei Optionen: RollingStone und Musikexpress. Beide sind aus dem Verlag Axel Springer Mediahouse, der damit vom Niedergang von «Groove» und «Spex» profitiert. In der Schweiz gibt es ausserdem das kleine, aber feine Magazin «Loop».
Mit «Spex» und «Groove» verschwinden zwei Zeitschriften, die für viele Menschen über Jahrzehnte Pflichtlektüre waren. Weil sie mit viel Chuzpe einen frechen, kritischen und unabhängigen Journalismus gemacht haben. Und das braucht es auch weiterhin.