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Daniel Barenboim bleibt Chefdirigent an Berliner Staatsoper
Aus Kultur-Aktualität vom 04.06.2019. Bild: Getty Images / Omer Messinger
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Berliner Staatsoper Trotz Kritik am Führungsstil: Daniel Barenboim bleibt

Daniel Barenboim bleibt. Die Berliner Staatsoper Unter den Linden hat den Vertrag mit dem umstrittenen Chefdirigenten um weitere fünf Jahre verlängert, wie heute das Haus an einer kurzfristig einberufenen Medienkonferenz in Berlin bekannt gab.

Somit bleibt Barenboim bis 2027 Generalmusikdirektor. Der bald 77-Jährige ist dann 85 Jahre alt

Manuel Brug

Manuel Brug

Musikkritiker

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Manuel Brug ist seit 1998 Musik- und Tanzkritiker der deutschen Tageszeitung Die Welt.

Kam dieser Entscheid überraschend?

Nachdem gestern schon bei der kurzfristigen Einberufung zu der Pressekonferenz verkündet wurde, dass Daniel Barenboim dabei sein wird, war schon klar, dass es eigentlich nur um eine Verlängerung gehen kann.

Insofern kommt es nicht überraschend. Bis jetzt hat niemand getraut, dieser Ikone einen Schlusspunkt zu setzen.

Man hätte auch mit der Abberufung des Chefdirigenten Barenboim rechnen können, denn schon seit Monaten wird vor allem sein Führungsstil kritisiert. War das an der Medienkonferenz ein Thema?

Man hat versucht, es zu einem Thema zu machen. Aber Fragen dazu wurden ziemlich wüst abgebürstet – soweit sie überhaupt zugelassen waren. Es gab nur drei oder vier Fragen – dann hiess es, aus Termingründen müsse man jetzt abbrechen.

Es ist schon sehr deutlich geworden, dass man die Öffentlichkeit nicht weiter dazu informieren wollte. Man wollte einfach diese Entscheidung vorstellen.

Herrscht nun Erleichterung – oder eher Skepsis?

Es war sehr merkwürdig im Saal. Das war eigentlich keine Pressekonferenz, es hatte etwas von einer Betriebsversammlung. Zum Beispiel stand hinter Barenboim seine gesamte Familie, seine Agenten, sein Anwalt Gregor Gysi und die halbe Staatsoper. An den entsprechenden Stellen wurde von dieser Gruppe immer Beifall geklatscht.

Das Haus wird den Entscheid sicherlich begrüssen, weil man natürlich auch weiss: mit Barenboim bleibt der Status quo erhalten – und eben auch die Vormachtstellung des Hauses.

Aber ob es für die Kunst gut sein wird, wenn man einen zweiten Da Ponte-Zyklus und einen dritten Ring inszeniert, da bin ich mir unsicher.

Wie reagiert das Orchester, weiss man da schon mehr?

Das Orchester und der Orchestervorstand waren da. Aber die Vorwürfe, die aufgetaucht sind, sind hauptsächlich von ehemaligen Musikern gemacht worden.

Der Orchestervorstand und das Orchester stehen natürlich weiter zu Herrn Barenboim, weil das sehr starke finanzielle Vorteile für sie hat. Denn er hat die Kapelle wieder auf die Weltkarte der Musik gebracht. Das Orchester spürt das auch finanziell. Deswegen mögen sie natürlich weitermachen – koste es, was es wolle.

Was heisst dieser Entscheid nun für das ganze Haus, für die Berliner Staatsoper?

Es heisst natürlich, dass es weiterhin der Familienbetrieb eines inzwischen 77-Jährigen ist, der seit 30 Jahren durchregiert. Es zeichnet sich nicht ab, dass in irgendeiner Weise – vor allem musikalisch – über eine Nachfolge nachgedacht wird.

Es wurde an diesem kurzen Gespräch heute weder über Visionen, noch über die Zukunft geredet. Es wurde nur gesagt: Er bleibt. Ich bin mir in diesem DDR-Gebäude vorgekommen wie in den letzten Monaten des Politbüros.

Das Gespräch führte Jodok Hess.

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