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Concours Géza Anda Claire Huangci: «Das Live-Erlebnis ist nicht zu ersetzen»

Die US-Amerikanerin Claire Huangci gehört zu den gefragtesten Pianistinnen weltweit. Vor drei Jahren gewann die heute 31-Jährige in Zürich den bedeutenden Concours Géza Anda. Was hat dieser Erfolg verändert – und was die Pandemie? Eine Wiederbegegnung am Ort ihres grossen Erfolgs.

SRF: Welche Erinnerungen haben Sie an die Zeit, als Sie in Zürich triumphierten?

Claire Huangci: Dieses Konservatorium ist so etwas wie ein heiliger Ort für mich. Das erste Mal, dass ich hier war, war für den Wettbewerb. Jedes Mal, wenn ich hier Musik mache, erinnere ich mich sehr gern daran.

Was macht den Concours Géza Anda so besonders?

Das Repertoire, das man einüben muss, ist riesig. Der Fokus liegt auf Deutscher Klassik. Mit 17 ging ich alleine nach Deutschland zum Klavierstudium, um das Repertoire der Deutschen Klassik und Romantik zu vertiefen.

Sie hatten das Ziel, diesen Concours unbedingt einmal zu gewinnen?

Das war für mich nicht nur ein Ziel, sondern ein Traum. Ich war nun 28, wollte unbedingt zeigen, was ich in den vergangenen Jahren gelernt hatte.

Concours Géza Anda

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Der Concours Géza Anda gehört zu den anspruchsvollsten und prestigeträchtigsten internationalen Klavierwettbewerben. Namensgeber ist der Schweizer Pianist ungarischer Herkunft Géza Anda. Er wäre in diesem Jahr 100 Jahre alt geworden.

Vom 27. Mai bis zum 5. Juni messen sich in Zürich 39 hoffnungsvolle Talente. Der Hauptpreis ist verbunden mit einem Preisgeld von 40’000 Franken und einem dreijährigen Konzertmanagement.

Sie waren damals eine der Favoritinnen und haben überzeugt. Inwiefern hat der Erfolg Ihre Karriere befördert?

Das hat natürlich viele Türen geöffnet. Ich war zuvor zwar schon ziemlich im Geschäft, hatte schon viel gespielt, besonders in deutschsprachigen Ländern. Aber mit dem Concours Géza Anda habe ich mein Repertoire erweitert und konnte viel mehr Konzerte geben.

Wurden Sie danach an grössere Häuser geladen, konnten mit bekannteren Namen auftreten?

Ja. Ich spiele jetzt in vielen schönen Sälen in Deutschland, hatte mehrmals die Möglichkeit in der Hamburger Elbphilharmonie aufzutreten. Das ist für jeden Künstler – jung oder renommiert – eine grosse Ehre. Natürlich war das mitten im Lockdown, der grosse Saal war ziemlich leer. Und trotzdem, so eine Erinnerung vergisst man nie.

Wie haben Sie denn die Zeit mit Konzerten, die nur als Stream zu sehen waren, erlebt?

Seit März letzten Jahres war alles ziemlich still. Nach dem letzten Konzert war ich zu Hause in den USA für drei Monate. Dort hatte ich für einmal viel Zeit für anderes und war oft in der Natur. Im Sommer gab es viele kurzfristige Anfragen und dann eben die Konzerte als reiner Stream.

Bei der Stream-Übertragung fehlt die Elektrizität oder Intensität, die Spannung zwischen Publikum und Künstler.
Autor: Claire Huangci

Aber den Kontakt zum Publikum haben Sie schon vermisst?

Absolut. Das Live-Erlebnis ist nicht zu ersetzen. Wir sagen immer, für die Kamera geben wir uns genauso viel Mühe, das stimmt auch. Aber es fehlt die Elektrizität oder Intensität, die Spannung zwischen Publikum und Künstler. Wir können das wirklich fühlen und das Publikum gibt uns so viel.

Wie sieht die kommende Saison aus?

Ich habe viele besondere Sachen vor. In der Schweiz spiele ich mit dem Orchester Musikkollegium Winterthur und in einem Kammermusik-Projekt mit den Festival Strings Lucerne.

Worauf ich mich besonders freue, ist ein Gesamtzyklus von allen fünf Prokofiev-Klavierkonzerten nächstes Jahr in Biel, gespielt an zwei Abenden – das ist wirklich einmalig.

Sendehinweis

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Die Finalrunde des Concours Géza Anda 2021 gibt's live bei SRF 2 Kultur: In «Im Konzertsaal» vom 6.6.2021, 16:03 Uhr.

Und werden Sie wieder auf grosse Tournee gehen können?

Ja, ich werde nach Japan und China reisen. Und ich spiele ziemlich viel in den USA, wie auch in Südamerika und Kanada.

Sofern die Pandemie uns nicht nochmal einen Strich durch die Rechnung macht…

Ich warte ganz gespannt auf den Tag, wo wir wieder in einem grossen Saal zusammen Musik machen können, mit grossem Orchester, ohne Abstand und ohne Masken – das ist wirklich ein Traum.

Das Gespräch führte Richard Herold.

Sendung: SRF 1, Kulturplatz, 26.5.2021, 23:00 Uhr ; 

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