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Der Mythos vom Clubsterben Clubleben oder Clubsterben, das ist die Frage

In Bern macht der Club Bonsoir dicht. Ist die Kulturinstitution ein Opfer des Clubsterbens geworden? Überhaupt: Ist Clubkultur in der Krise?

Fertig lustig. Der Bonsoir Club an der Aarbergergasse schliesst. Manch ein Clubgänger hat das Bon Soir in den letzten Jahren mit einem Lächeln im Gesicht verlassen, durchgeschwitzt, in den Beinen immer noch der pulsierende Beat.

Das ist jetzt vorbei. Das Bon Soir wird als Club in Erinnerung bleiben, wo während neun Jahren ein Clubprogramm mit Anspruch geboten wurde. Ein Ort, wo ausgiebig getanzt wurde, zu Techno, Hip-Hop oder Indie-Dance.

Kein Platz für Experimente

Die Clubkultur der Gegenwart ist omnipräsent, sie schimmert in allen möglichen Farben. Und längst ist sie Mainstream geworden. Heute ist es aber schwierig geworden, einen Club zu betreiben.

«Wer heute in Bern überleben will, ist fast gezwungen, kommerziell zu programmieren», resümiert Clubbetreiber Arci Friede. Es gebe kaum mehr Platz für kulturelle Experimente.

Mehr Konkurrenz für Clubs

Darum ziehe es heute junge Clubgänger nach Zürich in den Ausgang, wo das Angebot vielfältiger sei. Auch Städte wie Basel und Lausanne bieten heute ein attraktives Clubangebot.

Die Leute strömen nicht nur überregional dahin, wo am meisten läuft – sie drängten auch regelrecht an die frische Luft, erklärt Xavière Sennac vom Case à Chocs in Neuenburg.

Im Zuge der Mediterranisierung machen den Clubs immer mehr Zwischennutzungen und Festivals Konkurrenz.

Grosse Investitionen

Ein standortgebundener Club braucht viele Investitionen: in die Soundanlage etwa, weil die Ansprüche der Clubgänger gestiegen sind. Oder in die Schall-Isolation, weil der Nachbar sonst zum Telefonhörer greift.

Lärmklagen gibt es immer mehr in immer stärker gentrifizierten Quartieren – vor allem aber wegen den Besuchern, die sich vor den Clubs aufhalten.

Kein Clubsterben

Clubbetreiber haben zudem mit happigen DJ-Gagen und hohen Mieten zu kämpfen. Da bleibt so manch ein Lokal auf der Strecke.

Alexander Bücheli von der Zürcher Bar- und Clubkommission sagt: «Von einem Clubsterben kann man aber nicht reden. Die Zahl der Schliessungen und Neueröffnungen halten sich die Waage.»

Mehr Yoga statt Alkohol

Clubkultur tickt anders in Zeiten, in denen man jeden Track, den die DJ spielt, per App ausfindig machen kann. In Zeiten, in denen jeder dank kinderleicht zu bedienender Software zum DJ werden kann. Und man sich bequem die Party aus Tokyo ins Schlafzimmer streamen kann.

Neuerdings gibt es auch immer Leute, die zu Clubmusik lieber Yoga machen statt am Tresen Drinks bestellen. Die Barumsätze hätten infolge des gesteigerten Gesundheitsbewusstseins in den letzten Jahren um 10 bis 20 Prozent abgenommen, sagt Bücheli.

Noch lange nicht ausgeclubbt

Ausgeclubbt ist darum noch lange nicht. Die Institution Club steht zwar unter Druck. Die Szene ist aber enorm vielfältig. Sie ist auf so vielen Kanälen unterwegs wie nie zuvor. Man mag beklagen, dass vieles zu proper ist, zu seicht, zu kommerziell. Aber genau das heizt die Sehnsucht an nach Orten, wo die Qualität haust.

Sendung: Radio SRF 2 Kultur, Kultur Aktualität, 24.5.2018, 17:10 Uhr

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