SRF: Sie haben als 9-Jähriger eine Gitarre geschenkt gekriegt und sind bald darauf schon live in den Blues Clubs ihrer Heimatstadt aufgetreten. Eine sehr spezielle Jugend?
Derek Trucks: Ja, das fühlt sich an wie ein anderes Leben. Plötzlich war ich nicht mehr der normale Junge, der unter der Woche in die Primarschule ging und am Wochenende Baseball spielte.
Nun stand ich auf der Bühne von verrauchten Blues-Klubs in Jacksonville oder am Blues-Festival in Toronto. Oft waren meine Musikerkumpels aus der Heimat dabei, manchmal aber auch Blues-Legenden wie Buddy Guy oder Koko Taylor auf der Bühne.
Das war eine gute Zeit. Ich war für niemand eine Konkurrenz, alle haben mich unter ihre Fittiche genommen.
Waren Sie nie nervös?
Solange ich spielen konnte, war alles gut. Ich war aber noch sehr jung. In Toronto habe ich immer nur den Mann angeschaut, den ich kannte: den Drummer aus Jacksonville.
Ich stand also mit dem Hintern zum Publikum und spielte. Das Einzige, was sich seither geändert hat ist, dass ich heute ins Publikum hinausblicke. (lacht laut) Aber tanzen oder so tu' ich immer noch nicht!
Unsere Band ist in Sektionen eingeteilt, die sich selbst überwachen.
Nun sind Sie 37 Jahre alt, zusammen mit ihrer Frau Susan Tedeschi führen Sie die «Tedeschi Trucks Band». Fünf Alben gibt es, zwei davon sind Konzertaufnahmen. Ist Ihre Band eine ausgesprochene Live-Truppe?
Wir sind eine spielstarke Band, wir können auf der Bühne einiges entwickeln. Die Studioarbeit hingegen mussten wir erst lernen. Ich war bereits in einigen Gruppen, da ging entweder das eine oder dann das andere.
Die «Tedeschi Trucks Band» kann beides. Das neue Live-Album «Live from the Fox Oakland» dokumentiert einfach, wie sich die Band weiterentwickelt hat.
Wenn man die Songliste des neuen Albums anschaut, so fallen drei fremde Titel auf: einer von der Blues-Legende Bobby Blue Bland, einer von den Beatles und einer von Leonard Cohen. Das klingt nach vielen verschiedenen Bands in einer.
Das mag sein (lacht). In einer Band mit zwölf Mitgliedern kann man tatsächlich in ganz verschiedene Richtungen gehen. Das liegt an unseren unterschiedlichen Backgrounds.
Ich notiere, welche Songs wir an welchem Auftrittsort gespielt haben, damit wir nicht ein Jahr später dieselben nochmals spielen.
Wir können alles Mögliche spielen, nur muss es natürlich wirken und nicht forciert. Manche Ideen klingen auf dem Papier gut, aber wenn wir sie dann umsetzen, merken wir, dass wir besser die Finger davon lassen.
Aber konkret zu den Songs: «Bobby Blue Bland» ist naheliegend. Das indische Stück der Beatles liegt mir sehr nahe, weil ich die klassische indische Musik studiert habe. Und den Cohen-Titel kann man Gospel-beeinflusst spielen. Passt also alles zu uns.
Eine Band mit zwölf Mitgliedern – die meisten davon Instrumentalisten: Wie organisiert man das, dass es nicht einfach ein Chaos gibt oder viel zu dicht wirkt?
Da müssen wir aufpassen, das stimmt. Unsere Band ist in Sektionen eingeteilt, die sich selbst überwachen. Zwei Stunden vor dem Konzert schreibe ich die Setliste, und dann organisieren sich die verschiedenen Sektionen selbst.
Während dem Konzert sind wir sehr konzentriert. Wir müssen immer genau hinhören, was die andern spielen, um einander nicht in die Quere zu kommen.
Spielen Sie wirklich jeden Abend ein neues Programm?
Ja, jeden Tag. Ich notiere auch, welche Songs wir an welchem Auftrittsort gespielt haben, damit wir nicht ein Jahr später dieselben nochmals spielen.
Ein Beispiel: Wir hatten sechs Konzerte im Beacon Theatre in New York, da haben wir sicher 50 verschiedene Songs gespielt. Nur so bleibt das für uns und für das Publikum frisch und lebendig.
Das Gespräch führte Eric Facon.
Sendung: Radio SRF 2 Kultur, Vorabendprogramm, 14.3.2017, 16:00 Uhr