Als «freies Feld» für neue Formen hat er das Komponieren bezeichnet: Dieter Schnebel war einer der experimentierfreudigsten und vielseitigsten Komponisten im Nachkriegsdeutschland.
Er hat Ton, Geräusch und Raumklang zu Kompositionselementen gemacht und die Trennung von Sprache und Musik aufgehoben. Damit hat er auch manche Kontroverse ausgelöst.
Gewagte Experimente
«Dieter Schnebel hat alles in Frage gestellt: Was passiert beim Musikmachen? Beim Hören? Was ist ein Werk? Was ist überhaupt Musik?», sagt Musikredaktor Florian Hauser, der den Komponisten mehrfach getroffen hat.
Als Komponist hat Schnebel sich immer wieder auf neues Gebiet gewagt: mit seinem «Solo für einen Dirigenten» zum Beispiel. Dabei wird ohne Orchester dirigiert, die Klänge muss sich das Publikum selbst ausmalen.
In seinen «Glossolalie» und «Maulwerken» sind keine musikalischen Klänge zu hören, sondern bloss die Bewegung der Organe: Es wird geröchelt, gehustet, gelallt, gefiept.
Klassiker der Moderne
Dieter Schnebel nahm sich auch alte Musiken vor und beleuchtete sie neu. Mit seiner «Schubert Phantasie» etwa widmete er sich seinem grossen Vorbild Franz Schubert. Schnebels «Schubert Phantasie» ist zu einem Klassiker der Moderne geworden.
«Neugier war immer die treibende Kraft für Dieter Schnebel», sagt Musikredaktor Florian Hauser. «Er arbeitete mit grosser Neugier unermüdlich daran, Grenzen zu überwinden: zwischen Musik und Sprache, Musik und Theater, Tradition und Experiment.»
Von 1976 bis 1995 Professor für experimentelle Musik und Musikwissenschaft an der Hochschule der Künste in Berlin. Zudem war er als Theologe tätig und verfasste musikwissenschaftliche Essays und Bücher.
Am Sonntag ist Dieter Schnebel im Alter von 88 Jahren an einem Herzleiden in Berlin gestorben.