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Echo-Preis wird abgeschafft «Der Echo war ja schon lange vor diesem Eklat umstritten»

Den «Echo» wird es in dieser Form in Zukunft nicht mehr geben. Die einzig richtige Konsequenz, sagt unser Musikexperte.

Der Druck war zu gross geworden. Schlechte Presse, eine umstrittene Auszeichnung des Skandal-Duos Kollegah und Farid Bang, die sich in einem ihrer Titel über Holocaust-Opfer lustig gemacht hatten. Danach heftige Kritik, und reihenweise Musiker, die ihren Echo-Preis zurückgaben.

Jetzt die Nachricht: Der Bundesverband Musikindustrie kündigt an, dass es als Reaktion auf die Kontroverse den Musikpreis Echo in Zukunft nicht mehr geben werde.

SRF-Musikredaktor Moritz Weber hat die Diskussion um den umstrittenen Musikpreis verfolgt, die schon lange vor dem Eklat um die beiden umstrittenen, Echo-gekrönten Rapper begonnen hatte.

SRF: Wie schätzen Sie diesen Entscheid ein?

Moritz Weber: Es ist eine wichtige und richtige Entscheidung. Ein Neuanfang war fast unausweichlich, denn der Echo-Preis war ja schon lange vor diesem Eklat umstritten. Vor allem der Echo Klassik, aber seit den Skandalen und Skandälchen in den letzten Jahren eben auch Echo Pop und Echo Jazz.

Warum waren die Echo-Preise umstritten?

Der Echo ist ein Marketingpreis, er wird vom Bundesverband Musikindustrie vergeben, der die Interessen der Musikindustrie vertritt. Es ist also nicht unbedingt ein künstlerischer Preis.

In der Kategorie Klassik zum Beispiel wurde die Auszeichnung über viele Jahre von einer Jury vergeben, die hauptsächlich aus Branchen- und Label-Vertreten bestand, also nicht aus unabhängigen Kritikern. Die Unabhängigkeit von den Eigeninteressen der Musikindustrie war also nicht unbedingt gegeben.

Beim Echo Pop vor kurzem kam es dann eben zum finalen Eklat: Der Echo in der Kategorie Hiphop ging an ein Rapper-Duo, das frauenfeindliche, homophobe, gewaltverherrlichende und antisemitische Texte rappt. Wie kam es überhaupt zu dieser Nominierung?

In der Kategorie Pop sind die Verkaufszahlen für die Nominierung ausschlaggebend. Das Rap-Duo ist tatsächlich beliebt beim Publikum trotz ihrer extremen Inhalte. Ihre Titel sind in den Charts und werden sehr oft gehört und gestreamt.

Aber beim Echo Pop gab es dieses Jahr zusätzlich eine Jury, die bei der Nominierung und bei der Preisvergabe mitbestimmte. Dieses Gremium ist also mitverantwortlich für die umstrittene Auszeichnung an Kollegah und Farid Bang.

Waren in dieser Echo Pop-Jury auch Vertreter der Musikindustrie, wie beim Echo Klassik?

Ja, sehr viele. Streamingdienste wie Spotify oder Deezer, auch Musik-Händler wie Apple und viele Labelvertreter – gemäss der Juryliste übrigens pikanterweise auch Alpha Music Group GMBH, das eigene Label des umstrittenen Rapper-Duos.

Es ist zu vermuten, dass da nicht nur der Kunst wegen nominiert und prämiert wurde, sondern auch wegen Eigeninteressen von Jurymitgliedern und wegen des Profits.

Wie geht es jetzt weiter nach der Abschaffung des Echos?

Der Bundesverband Musikindustrie schreibt in seiner Pressemitteilung, dass er den Preis nun von Grund auf erneuern will. Die bisherigen Gremien stellen ihre Tätigkeit ein, auch der Ethik-Beirat, der im Fall des Rapperduos ja völlig versagt hat. Beim neuen Musikpreis soll in allen Musikgenres die Jury stärker in den Vordergrund rücken.

Es ist natürlich zu hoffen, dass die Jurys in Zukunft unabhängig besetzt werden, mit unabhängigen Kritikern. Wenn weiterhin so viele Marktvertreter bei dem Preis das Sagen haben, wird sich wohl nicht viel ändern.

Sendung: Radio SRF 2 Kultur, Kultur Aktuell, 25.4.2018, 17.10 Uhr

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