Von «Barbie Girl» über DJ Bobo bis Scatman: Anfang der 1990er-Jahre tauchen die ersten Eurodance-Tracks auf, mit so vielen Beats pro Minute, dass sich die Konservendrums zu überschlagen drohen. Dazu poppige Melodien, die man schon mit zwölf mitsingen konnte.
Für die einen sind es bis heute grossartige Songs und Hymnen, für die anderen ist es das Schlimmste des Schlimmen. Und natürlich kein Vergleich zu klassischer Musik: Seit Jahrhunderten sitzt die auf einem hohen Ross, gilt als wertvolle, unantastbare Hochkultur.
Wie klassische Dressurpferdchen
«The High Horse» machen sich einen Spass daraus, all das in Frage zu stellen. Das Duo, bestehend aus der Mezzosopranistin Stephanie Szanto und dem Pianisten Simon Bucher, haben die strenge Schule der Klassik durchlaufen.
Eine Ausbildung, die sie mit der eines Dressurpferdes vergleichen: «Dressurpferde müssen immer ihre Beinchen durchstrecken, unnatürliche Bewegungen machen. Dieser künstliche Perfektionismus hat uns gut geschult, aber dabei vergisst man oft die natürliche Stärke und Energie dieser Pferdchen», so Stephanie Szanto.
Was wohl passiert, wenn die Pferde ausbrechen und sich ins falsche Gehege einschleichen? Ein falsches Gehege gebe es nicht, sagt Szanto. Für sie ist Musik – ob Klassik, Pop, Rock oder Eurodance – eine Inspirationsquelle: «Musik ist Musik, und die kennt keine Grenzen.»
Das Beste vom Übelsten
Wo es keine Grenzen gibt, da kann man auch Eurodance und klassische Musik zusammen durch den Fleischwolf drehen – zwei Genres, die überhaupt nichts miteinander gemeinsam haben. Liebevoll kümmern sich «The High Horse» um missratene Eurodance-Hits, die Musik ihrer Jugend, und machen daraus ein «Best of Worst».
David Hasselhoffs «Looking for Freedom» prallt da auf Henry Purcells «Sound the Trumpet» . «Barbie Girl» von Aqua wird eingebettet in eine «Nocturne» von Chopin . Und «Boom Boom Boom!!» von den Vengaboys trifft auf Rossinis Willhelm-Tell-Ouvertüre und den Flohwalzer .
Nur Songs mit weniger als drei Akkorden und Texten mit mehr Tiefgang als Rilke, Schiller und Goethe zusammen, kämen in die engere Auswahl, meint Simon Bucher ironisch.
Doch das Potential dieser Songs habe ihn überrascht, relativiert er: «Wenn Musik gut klingt, ist sie gut. Egal, ob sie aus zwei Akkorden besteht oder eine polyphone Sinfonie ist.»
Ein Spass-Projekt
Trotzdem müssten sie manchmal einen ziemlichen Spagat machen, sagt Bucher. «Weil wir uns unmögliche Stücke aussuchen, aus denen man eigentlich nichts machen kann.»
Oft entstehen die Ideen für ein Arrangement bei «The High Horse» spontan beim Herumblödeln, ergänzt Stephanie Szanto. «Wir hören uns etwas an und haben einen Lachanfall. Dann improvisieren wir oder überlegen uns: Was würde am furchtbarsten dazu passen? Und dann machen wir genau das.»
Zwar suchen sie nicht explizit nach Humor, doch allein die Kombination aus Klassik und Eurodance sei schon sehr komisch, findet Stephanie Szanto. «Wir machen etwas, das man eigentlich nicht darf. Wir nehmen einfach alles aufs Korn, auch uns selbst.»