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Ginger Baker gestorben Der gefährlichste Schlagzeuger der Welt

Mit der Band Cream schrieb er Popgeschichte, genial war er auch ohne sie: Der Schlagzeuger Ginger Baker ist 80-jährig gestorben.

Die hartnäckige Arbeit mit dem gefährlichsten Drummer der Welt trug Filmer Jay Bulger eine gebrochene Nase ein. Ginger Baker schlug mit dem Spazierstock zu. Grund war eine Meinungsverschiedenheit über die Frage, welche Leute aus dem Leben des Musikers denn nun im Dokumentarfilm «Beware of Mr. Baker» auftauchen sollten.

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Vorsicht vor Ginger Baker
aus Pop Routes vom 28.07.2014. Bild: Keystone
abspielen. Laufzeit 56 Minuten 32 Sekunden.

Über Ginger Baker Witze zu reissen, war in der Nähe des rothaarigen Schachtelteufels also ein gefährliches Unterfangen. Besonders, wenn der Witz beispielsweise darauf anspielt, dass er als Drummer an Wichtigkeit verloren habe seit den gloriosen Tagen der Supergruppe Cream. Seit der Zeit, als Baker zusammen mit Bassist Jack Bruce und Gitarrist Eric Clapton Popgeschichte schrieb.

Ein Witz aus sicherer Entfernung

Den einzigen Witz über Ginger Baker, den ich kenne, hätte ich nie in seiner Nähe erzählt: Was der Unterschied zwischen Kantinenkaffee und Ginger Baker sei. «They both suck without Cream». Die klassische Anspielung darauf, dass es Baker ohne Cream nicht bringt. Genau wie Fertigkaffee ohne Rahm.

Der Witz hat natürlich einen Haken. Einige Klicks im Web genügen, um das Gegenteil zu beweisen. Nur schon solo entfacht Baker pure Magie. Beispielsweise in einem Video, in dem er Schlagzeugern die Grundlagen des Instruments demonstriert.

Ein ästhetisches Vergnügen: Da zeigt der Mann, dessen vier Extremitäten scheinbar ein völlig eigenes Leben führen, wie entspannt er seine rollenden Rhythmen und Breaks aus den Gelenken zaubert. In dieser Lektion beweist Baker gleichzeitig, dass er weder Bruce noch Clapton braucht, um den berühmte Cream-Groove zu beschwören.

Bassist, Schlagzeuger und Gitarrist auf einer Bühne
Legende: Ginger Baker mit Jack Bruce (links) und Eric Clapton bei einem Reunion-Konzert von Cream 2005 in London. Keystone / AP / JANE MINGAY

Er schüttelt das federnde «Ants in the Kitchen» (bei Minute 11:15) aus dem Ärmel und man schüttelt den Kopf über die Leichtigkeit, über die wunderbar sonoren Trommelklänge, über die Raffinesse, mit der er Breaks genau da ansetzt, wo es kaum jemand sonst tun würde. Es ist eine Nummer aus seiner Session mit den «Masters of Reality», die anno 1992 klang, als zitiere er Cream und liefere gleichzeitig die Parodie davon.

Ein Stück Familiengeschichte

Natürlich war da die Ära längst vorbei, als ein zehnminütiges Drum-Solo wie in Creams «Toad» Tausende von langen Mähnen in verzückte Schwingungen brachte.

Baker ist Vorbild geblieben. Ich rede aus Erfahrung. Als mein Sohn mit etwa sieben Jahren grosses Drummertalent zeigte, hörten wir die «Masters of Reality»-CD mit Bakers Schlagzeugarbeit auf der Fahrt in die Ferien. Und zählten zusammen stumm mit, um die Einsätze seiner genialen Breaks – zum Beispiel auf «Drei und» – nicht zu verpassen. Heute braucht mein Sohn von der erwähnten Lektion blind nur ein paar Takte zu hören: «Ist ja klar, das kann nur einer sein».

Mr. Bakers persönliche Helden

Nun ist Baker im Alter von 80 Jahren nach langer Krankheit gestorben. In Jay Bulgers Film wird der gefährliche Mr. Baker übrigens für einen Moment dann doch noch sehr sanft. Ihm kommen die Tränen, wenn er von seinen Helden spricht, die seine Freunde wurden, Phil Seamen, Art Blakey, Max Roach, Elvin Jones. Alles Giganten des Jazz Drums.

Und wirklich: Es ist eine Ironie des Schicksals, dass ausgerechnet ein Jazzkopf wie er als Säule des Power Rock Trios Cream in die Geschichte einging. Wenn man allerdings seinen famosen organischen Trommelklang ernst nimmt, wird auch klar, dass dies alles ohne eine Jazz-Seele nicht möglich gewesen wäre. Kein Witz, jetzt.

Sendung: Radio SRF 4 News, Nachrichten, 6.10.2019, 14 Uhr.

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