Spontaneität ist seine - beinahe unerschöpfliche - Ressource. Neben der beachtlichen technischen Fertigkeit auf seiner «Kanne» bringt Omri Ziegele seit jeher eine Vitalität zu den Konzerten mit, die immer wieder verblüfft. In vornübergebeugter Haltung stürzt er sich in die Tonkaskaden und expressiven Schrei-Kämpfe mit seinem Instrument, kostet die Phrasen bis zum letzten Atemrest aus und lässt seine Seufzer in einem keuchenden Quietschen aushauchen.
Virtuos-vitaler Autodidakt
Omri Ziegele, in Israel geboren, hat seine frühe Kindheit im Kibbuz verbracht. In Zürich aufgewachsen, kommt er im Gymnasium als Klarinettenschüler in Kontakt mit einem Saxophon und infiziert sich mit dem Jazzvirus. Den lebt er zunächst als Autodidakt aus, geht nach der Matur nach London und in die USA und studiert schliesslich in Boston am renommierten Berklee-College.
Zurück in Europa, wird die Musik der Exilanten aus Südafrika für Ziegele zur wichtigen Inspiration. Flüchtlinge aus dem Apartheid-Staat wie Johnny Dyani, Louis Moholo und Dollar Brand (alias Abdullah Ibrahim) haben seit den 1960er Jahren auch die Schweizer Jazz-Szene geprägt.
Ideenreicher Netzwerker und Bandleader
Ebenso wichtig sind für Ziegele aber die Kolleginnen und Kollegen der freien Musik-Szene, etwa der Schulfreund Dieter Ulrich am Schlagzeug oder die um eine Generation ältere Irène Schweizer. Er gründet die Musikerinitiative OHR, aus der das Festival «unerhört» hervorgeht.
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Mit der Pianistin Irène Schweizer arbeitet Ziegele unterdessen seit rund 15 Jahren im Duo. Unterdessen haben sie ihre Formation mit dem südafrikanischen Schlagzeuger Makaya Ntshoko zum «Where‘s Africa-Trio» erweitert.
Seit 1997 verfolgt Ziegele mit seinem Oktett «Billiger Bauer» ein Langzeit-Experiment: Free Jazz in einer Grossformation. Besonders an der Band ist auch die Besetzung mit 2 Schlagzeugern und 2 Bassisten. Und gelegentlich, wie zum 15jährigen Bestehen, erweitert sie sich zur Grossformation.
Ein Jazz-Liederzyklus über eigene Gedichte
Damit hat Omri Ziegele auch den Schritt zum Komponisten offiziell vollzogen: «Billiger Bauer» brachte mit der Sängerin Isa Wiss Ziegeles Zyklus von «Herbstliedern» in Zürich zur Uraufführung.
Bei den Aufnahmen zu «Haben Sie Töne» bringt Omri Ziegele den TV-Kameramann Toni Dusek an seine Grenzen: Auf die Frage, wie er sich an die Zürcher Jugendunruhen von 1981 erinnert, bricht er auf einmal improvisierend im Tränengas- und Wasserwerferbeschuss zusammen, bevor er mit dem Ruf der Rebellen wieder aufsteht: «We want it now!»