Beyoncés neues Album «RENAISSANCE» ist ein Medienereignis. Schlagzeilen machte der Superstar zuletzt aber vor allem wegen eines einzigen Wortes: «Spaz». Der Begriff findet sich im Song «Heated».
«Spaz out» bedeutet so viel wie «ausflippen». Das Problematische daran: «Spaz» kommt vom Wort Spastik und wird auch abwertend gegenüber Menschen mit Behinderung benutzt. Nach der Kritik hat Beyoncé das Wort im Lied ersetzt.
Bereits zwei Monate zuvor war es der Sängerin Lizzo ähnlich ergangen. Sie hatte den Begriff in einem Songtext ebenfalls verwendet. Wegen öffentlicher Kritik hatte sie den Text später geändert.
Dass Zeilen nachträglich abgeändert und Songs neu aufgenommen werden, gehöre zum Musikgeschäft, sagt der Schweizer Musikproduzent Luk Zimmermann. Dass das allerdings erst nach der Veröffentlichung eines so grossen Albums geschieht, sei ungewöhnlich.
Denn meist stecke eine ganze Armada an Instrumentalisten, Produzent und Textern hinter der Song-Produktion. Trotzdem schien niemand davon den Fauxpas bemerkt zu haben.
Jetzt wurde das Wort rausgeschnitten und ersetzt. Aber kann man das einfach so? Erst mal brauche es einen guten Ersatz, meint Zimmermann. «Die Songwriter oder Texter müssen sich nochmals hinsetzen und das Wort, gegebenenfalls sogar die ganze Zeile, ersetzen. Danach muss das neu aufgenommen werden.»
Mehr Arbeit, mehr Kosten
Beyoncé musste sich für den Fauxpas also erneut hinters Mikrofon stellen. Aus «Spazzing on that ass, spaz on that ass» wurde«Blastin' on that ass, blast on that ass.» Damit nicht genug: «Wegen der neuen Stimmaufnahme muss der Song natürlich neu gemischt werden.»
Das Abmischen kann unterschiedlich aufwendig sein, je nach Präferenz der Produzentin. Einige mischen gern komplett digital, andere lieber mit physischen Tonreglern. Bei letzterem sei der Aufwand um einiges höher: «In der analogen Welt machen schon kleine Bewegungen an den Drehreglern viel aus. Das kann einen ganzen Tag dauern.»
Beyoncé und ihr Team haben sich mit der Song-Revision also Zusatzarbeit aufgebürdet und damit auch zusätzliche Kosten. Für Superstar Beyoncé wahrscheinlich verkraftbar.
«Auch eine Art Promo»
Dazu kommt, dass die ganze Geschichte auch einiges an medialer Aufmerksamkeit generiert. Bei solchen Kontroversen wird deshalb immer wieder die Vermutung laut, im Kern seien sie PR für die Musikerinnen und Musiker.
Das schliesst auch Zimmermann nicht aus: «Wir diskutieren jetzt darüber – das ist natürlich auch eine Art Promo.» Ob eine millionenschwere Musikerin wie Beyoncé diese Aufmerksamkeit noch nötig hat, darüber könne man streiten.
Die Geschichte biete ihr aber auch eine Plattform, sich mit ihren Anliegen als Künstlerin zu positionieren: «Sie kann damit auch sagen: ‹Ich denke anders als der Mainstream. Ich will eine Diskussion über dieses Wort, über diese Thematik in Gang setzen.›»
Ob gewollt oder nicht: Raum für ein Statement hat der Aufruhr Beyoncé auf jeden Fall eingebracht.