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Jazzer Rolf Kühn gestorben Der Kühne mit der Klarinette

Klarinettist Rolf Kühn ist eine Jazzlegende. Seine Karriere umspannt volle sieben Jahrzehnte, also fast die komplette Jazzgeschichte. Nun ist der deutsche Jazzmusiker mit 92 Jahren verstorben.

Wer je das Glück hatte, sich mit dem Klarinettisten Rolf Kühn zu unterhalten, merkte schnell, dass er es hier mit einem ganz besonderen Menschen zu tun hatte. Freundlich, verbindlich und kristallklar in seinen Gedanken: So war Rolf Kühn auf und neben der Bühne. Sein Wirken als europäischer Jazzmusiker und Klarinettist kann man gar nicht hoch genug einschätzen.

Klavier, Klarinette und Komposition

Mit Jahrgang 1929 wurde Rolf Kühn zwar in die erste grosse Jazz-Epoche hineingeboren, kam nach einer klassischen Ausbildung mit Klavier, Klarinette und Komposition aber erst in seinen späten Teenagerjahren mit Jazz in Kontakt. Als Mitglied des Leipziger Rundfunk-Tanzorchesters fand er schnell ein Feld, um sein einzigartiges Talent zur Entfaltung zu bringen.

Der Sound der Klarinette

Er entwickelte einen Sound, den er sehr genau zu umschreiben wusste: «Mein Ziel war es immer, nicht nur individuell anders zu klingen als andere Klarinettisten. Wir sind ja ein bisschen limitiert durch den eigentlich kleinen Sound der Klarinette im Vergleich zu einem Saxophon. Den Sound so zu entwickeln, dass man leicht, auch ohne Mikrofon, über eine Big Band kommt: das ist das Ziel.»

Ein Mann posiert mit einer Klarinette.
Legende: Bereits 1961 begeisterte Rolf Kühn als junger Musiker mit seiner «klingenden Lakritzstange» Musikliebhabende. IMAGO / Allstar

Ein Stilist ohne stilistische Etikette

So hob sich Rolf Kühn schnell von Grössen wie Benny Goodman oder Buddy DeFranco ab. Er liess sich auch stilistisch nie in die Swing-Ecke stellen. Er definierte sein Instrument völlig neu für alle Stile: von Swing über Free bis Jazzrock.

Und das von 1956 bis 1962 als Europäer im Ursprungsland des Jazz. Eine Leistung, die diesseits des Atlantiks vielleicht nie in vollem Umfang ihrer Bedeutung gewürdigt wurde. Selbst der grosse Benny Goodman zollte ihm grossen Respekt für seinen Sound und seine Musik.

Generationenübergreifend grenzüberschreitend

Rolf Kühn war immer auch ein Musiker, der seine eigene Musik bis zuletzt im Austausch mit jüngeren Kolleginnen und Kollegen entwickelte. Anschub dafür bekam er schon früh von seinem 14 Jahre jüngeren Bruder, dem Pianisten Joachim Kühn. Ihn musste er 1961 bis 1966 in der DDR zurücklassen. «Ich habe mir viele Vorwürfe gemacht», sagte er später dazu.

Wiedervereint schrieben die Brüder dann noch für ein halbes Jahrhundert deutsch-deutsche (Jazz-)Geschichte. Der Dokumentarfilm «Brüder Kühn» von Stephan Lamby zeichnet das 2019 eindrücklich nach. Und natürlich die vielen gemeinsamen Aufnahmen und Projekte der beiden.

Mit dem Tod von Rolf Kühn geht eine Epoche zu Ende.

Radio SRF 2 Kultur, Kultur-Nachrichten, 22.08.2022, 12:00 Uhr

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