1979 ist der 22-jährige Frauenfelder Roman Schwaller in New York, mittendrin in einer kunterbunten Jazz-Szene. Dort nimmt der Tenorsaxophonist sein erstes Album unter eigenem Namen auf, und das gleich mit einer Truppe hochkarätiger Musiker.
Am Bass zum Beispiel ist Marc Johnson: Der ist zwar nur ein paar Jahre älter als Roman Schwaller, aber zur selben Zeit auch schon mit dem Überpianisten Bill Evans unterwegs. Ein fulminanter Start in eine Karriere auf amerikanischem Boden, würde man meinen.
Lange bleibt er nicht in New York
Warum bleibt Roman Schwaller dann nicht im Jazz-Mekka New York, um sich dort einen Namen zu erspielen? Wohl vor allem deshalb, weil Schwaller sich bereits schon einen Namen erspielt hat. Aber nicht in Amerika, wo Jazzmusiker sowieso nicht so toll behandelt werden und wo die Gagen meist miserabel sind. Nein: in Europa.
Nicht nur in Zürich, auch in München hat Roman Schwaller schon einen Eindruck hinterlassen. Schon vor der Reise in die Jazz-Metropole New York hat Roman Schwaller in Zürich mit dem Jazz Live Trio gespielt. Als jüngster Gast. Diese Band um den Pianisten Klaus König begleitet sonst die amerikanischen Stars auf der Durchreise: Saxophon-Giganten wie Dexter Gordon oder Lee Konitz.
Ab nach Wien
Bald nach New York wird er festes Mitglied in einem Orchester, das sich in Wien um einen Exil-Schweizer schart: Das Vienna Art Orchestra um den Komponisten Mathias Rüegg.
Die zehn Jahre im Vienna Art Orchestra von Mathias Rüegg sind prägend für Schwaller. Nicht nur spielt er dort teilweise ziemlich experimentelle Musik. Er findet in dieser Zeit zu seiner eigenen Sprache, einer Sprache, die sich viel stärker an der Tradition orientiert.
Und: Das Orchester ist auch ein wunderbarer Pool hervorragender Musiker, mit denen sich Roman Schwaller austauschen kann. Mit ihnen nimmt er in verschiedenen Formationen auf.
Tradition, aber nicht nur
Während seiner Zeit im Vienna Art Orchestra mausert sich Roman Schwaller zu dem Musiker, der er noch heute ist: Seine Sprache kommt aus der Tradition der 1950er- und 1960er-Jahre, vor allem aus dem Hard-Bop.
Wer das als traditionalistisch abtut, vergisst den Faktor Energie: Das Spiel von Roman Schwaller, seine Stücke, seine Soli – alles vibriert sofort, wenn er zum Tenorsaxophon greift.
Die Musik an sich mag Mainstream sein. Roman Schwaller setzt sie um mit einem Zugriff aus dem Hier und Jetzt. Und mit der felsenfesten Überzeugung, dass der Jazz, und sei er noch so frei und offen für alle möglichen Einflüsse, immer auf seiner Tradition aufbauen muss.
Prägend für Generationen
Diese Überzeugung macht Roman Schwaller in den 1990er-Jahren auch zum Festival-Leiter. In Frauenfeld baut er mit seinem Generations-Festival etwas auf, wovon tatsächlich Generationen von jungen Schweizer Musikerinnen und Musikern zehren werden.
Schwaller bietet einen intensiven Austausch mit amerikanischen und europäischen Jazz-Stars an. In Workshops und informellen Treffen auf der Bühne, so genannte Jam Sessions. Er lässt auch begabte Amateure mitspielen.
Und spielt immer selber mit. Denn egal ob in New York, München, Wien oder Frauenfeld: Das eigentliche Zuhause von Roman Schwaller ist die Bühne.
Sendung: Radio SRF 2 Kultur, Jazz Collection, 24.1.2017, 21 Uhr.