Ein Leben lang arbeitete John Weeks aus dem britischen Romford als Kommunalbeamter. Nach Feierabend setzte er sich zu Hause an seinen Schreibtisch und setzte schwarze Punkte auf Notenpapier. Das tut er auch heute noch: Er komponiert zeitgenössische Musik – für sich allein, alles von Hand.
Schreiben für die Schublade?
Nur eine Handvoll Werke hat er je fertiggestellt, die meisten Stücke blieben Fragmente. Von den Vollendeten wurde eine noch kleinere Auswahl je gespielt. Aufführungen haben sich in John Weeks Leben einfach nicht ergeben – und er verspürte auch nicht den Drang danach. Er war stets zufrieden, das Komponieren zu Hause für sich auszuüben.
Strawinsky hat sein Leben verändert
Seine musikalische Laufbahn begann in den 1960er-Jahren als E-Gitarrist in einer Rockband. Klassische Musik interessierte den Jugendlichen noch nicht. Sein Musiklehrer jedoch erkannte sein musikalisches Gespür und machte ihn vertraut mit den grossen Komponistinnen und Komponisten der Musikgeschichte. Ein Werk faszinierte ihn besonders: «Le Sacre du Printemps» von Igor Strawinsky. Es hat sein Leben verändert.
Er kaufte sich die Partitur und die Einspielung von Herbert von Karajan mit den Berliner Philharmonikern und studierte die Punkte auf den Linien. So lernte John Weeks Noten lesen. Später studierte er von 1968 bis 1971 am Royal College of Music Komposition.
Mit Bauchgefühl zum Musikstück
Nebst dem erlangten Wissen durch das Studium ist sein Bauchgefühl sein stärkstes Werkzeug. «Wie die Instrumente funktionieren und was gut auf ihnen klingt, wusste ich irgendwie schon immer», sagt John Weeks. «Ich muss einfach verstehen, wie der Klang erzeugt wird.»
Erfolgreich, auch in der Schweiz
Heute ist der 73-Jährige mehrfacher Preisträger. Die wenigen Stücke, die er an Wettbewerbe einreichte, schafften es so gut wie immer auf einen Podestplatz. Unter anderem gewann er bereits zweimal den belgischen Concours Reine Elisabeth: 1982 mit «Five Litanies for Orchestra» und 1995 mit «Requiescat». Auch dieses Jahr ist er mit seinem neusten Werk für einen Preis nominiert – und zwar an der Basel Composition Competition.
Grandiose Gedanken auf dem Gipfel
Sein neustes Werk «Jenseits» stimuliert das Gefühl, weiter gehen zu wollen und Andersartigkeit zu entdecken: Es thematisiert die Grenze zwischen dem Diesseits und dem Jenseits. Gerade beim Erklimmen von Bergen findet sich John Weeks immer wieder in der Situation, wo ihn diese Fragen besonders beschäftigen. «Wir Menschen kommen und gehen, aber die Grösse der Berge ist konstant.»
Ein Mensch, der neue Pfade erkundete und dabei John Weeks Schreiben inspirierte, ist der britische Bergsteiger Doug Scott. Ihm ist das Werk «Jenseits» gewidmet. «Die grossen Berge, die alle erklommen, interessierten Doug Scott wenig. Er wollte neues Terrain entdecken.» Und so geht es auch John Weeks nicht um Berühmtheit, sondern um den Inhalt.
Im Leben lernt man nie aus
Auf den Austausch mit anderen Komponistinnen und Komponisten an der Basel Composition Competition freut sich John Weeks besonders. Er erhofft sich dadurch, Neues zu lernen. Denn es ist nie zu spät, dazuzulernen – auch nicht mit 73 Jahren.