Das Musikvideo wurde in knapp 2 Wochen mehr als 2,8 Millionen Mal aufgerufen. Der Clip zeigt: Frauen, auf dem Rücksitz eines Autos sitzen, ein kleiner Junge, der auf dem Fahrersitz Autofahren spielt. Frauen, die Basketball spielen, Rollerblades fahren, tanzen – Spass haben. Alltag eben.
«Männer machen uns psychisch krank»
Doch die Frauen leben in Saudi-Arabien und tragen alle einen Niqab. Sie singen Sätze wie: «Mögen alle Männer verschwinden» oder «Sie machen uns psychisch krank.» Hinter dem Video « Hwages (Befürchtungen)» steckt der saudi-arabische Künstler Majed Al-Esa, der schon in Vergangenheit mit seinen Videos die saudi-arabischen Grenzen überschritt – mit « Barbs » beispielsweise, das mehr als 39 Millionen mal aufgerufen wurde.
Grundlage des aktuellen Videos «Hwages» ist ein Song aus dem Jahr 2014 . Mit seiner Version dieses Lieds und den dazugehörigen Bildern verschärft Majed Al-Esa die politische Aussage: Das Resultat ist ein eingängiges Video mit einer ernsten Botschaft.
Spass ist verboten
Das Video zeigt ausgelassene Frauen, die in der Öffentlichkeit Spass haben und bunte Kleider unter dem Niqab tragen – in Saudi-Arabien ein Tabubruch. Denn im grössten Land auf der arabischen Halbinsel gilt ein striktes Regelwerk: Frauen dürfen beispielsweise weder Autofahren, noch Sport treiben. Sie stehen auf Lebenszeit unter männlicher Vormundschaft.
Im Video kommen auch Männer vor. Jedoch nur als Zeigefinger schwingende Bedenkenträger. Auch eine Trump-Maske erhält einen kurzen Auftritt.
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Junges Land mit alten Werten
Saudi-Arabien liegt 2016 laut WEF auf Platz 141 von 144 im weltweiten Ranking der Geschlechtergerechtigkeit. Schlechter gestellt seien Frauen nur in Syrien, Pakistan und im Jemen.
Doch Saudi-Arabien ist ein junges Land. Mehr als die Hälfte ist unter 25. Und auch Frauen erhalten zunehmend eine Ausbildung. Das macht sich bemerkbar. Frauen zeigen, dass sie nicht mit den geltenden Gesetzen einverstanden sind.
Ein Beispiel dafür ist die Kampagne von 2011 in der Frauen öffentliche Autofahrten organisierten. Oder auch die Videos im Netz, in denen Frauen sich beim Autofahren filmen.
Video stösst nicht nur auf Gegenwehr
Laut «Washington Post» stösst das Video im saudi-arabischen Establishment nicht nur auf Gegenwehr. Die Ex-Frau des saudischen Prinzen Al-Taweel habe das Video auf Twitter geteilt und auch eine der ältesten Zeitungen des Landes «Al-Bilad» solle bemerkt haben, dass «die neue Generation der Frauen ist anders als die vergangene.» Eine offizielle Stellungnahme gab es jedoch nicht.
Das Musikvideo ist ein weiteres starkes Statement gegen die Unterdrückung von Frauen. Dass im Video ein Kind am Steuer sitzt, ist ein deutliches Symbol für die Absurdität der geltenden Regeln – sogar kleine Jungs haben mehr Rechte als erwachsene Frauen.
Sendung: SRF 2 Kultur, Kultur kompakt, 5.1.2016, 6:50 Uhr.