Kindermusik zu machen, ist alles andere als kinderleicht. Kinder sind ein knallhartes Publikum, wenn es ihnen nicht passt, machen sie das unmissverständlich deutlich. Auch den Eltern sollte diese Musik gefallen, oder sie zumindest nicht nerven. Eine Gratwanderung, die nur wenigen Acts gelingt. Eine von ihnen ist die Dino-Metal-Band Heavysaurus. Vier Dinosaurier und ein Drache spielen Rock für Kinder – live, mit Lichtshow und Konfettikanone.
Unter den Kostümen stecken professionelle Musiker mit dem Anspruch, Kinder an Musik heranzuführen. «Ich möchte mich nicht mit allen Musikpädagog:innen weltweit anlegen», sagt Schlagzeuger Philipp Klinger alias Komppi Momppi, «aber die Dinos können das schon ganz gut.»
Der Sound von Heavysaurus erinnert an die Musik der Grossen, der Inhalt ist kindgerecht: Freundschaft, Zusammenhalt, Umweltschutz. «Die haben einfach eine Musik dahinter, die so authentisch klingt und so real an der Metalwelt dran ist, dass das auch Erwachsene begeistert», sagt Musikpädagogin Lisa Werner.
Alles nur Kommerz?
Heavysaurus sind derzeit die prominentesten Vertreter dieser neuen Welle von Kindermusik, aber längst nicht die einzigen. Neben Dauerbrennern wie Andrew Bond, den Schwiizergoofe oder Rolf Zuckowski bespielen heute auch «Deine Freunde» mit Hip-Hop, «Randale» mit Punkrock und Helene Fischer mit Kinderklassikern den Markt.
Wo Kindermusik früher vor allem pädagogisch gedacht war, ist sie heute oft auch ein Geschäft. Simone Sommerland füllt Hallen, Heavysaurus spielen bis zu 200 Konzerte im Jahr vor 1000 kleinen und grossen Metal-Fans.
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                Bild 1 von 3. In der Schweiz gehören unter anderem Schtärnefoifi, Silberbüx, Marius & die Jagdkapelle zu den grossen Namen in der Kindermusik ... Bildquelle: KEYSTONE/Gaetan Bally.
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                Bild 2 von 3. ... oder auch Andrew Bond. Bond und Linard Bardill singen zusammen mit Kindern anlässlich des «Lollipop-Awards» 2006 ... Bildquelle: KEYSTONE/Markus Senn.
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                Bild 3 von 3. ... und dann sind da die Schwiizergoofe: Seit 2013 waren sie rund 1000 Wochen in der Schweizer Hitparade, sechsmal auf Platz eins. Bildquelle: SRF/Paolo Foschini.
«Natürlich steckt da eine Musikwirtschaft dahinter», sagt Lisa Werner. Die Industrie habe das längst erkannt: «Merchandise ist zum Beispiel etwas, was die Kinder haben möchten.»
Musik gibt emotionale Orientierung
Dennoch sieht Lisa Werner in populären Kinder-Acts wie Heavysaurus eine Chance, denn: «Die qualitativ gut aufbereitete Metal-Musik mit diesen Texten ermöglicht einen Zugang zu dieser Musik, der kindgerecht ist.»
Musik, das zeigen zahlreiche Studien, fördert nicht nur Empathie und Kreativität, sie gibt auch Halt. Rituale wie das Einschlaf- oder das Begrüssungslied in der Kita strukturieren den Tag – Musik ist emotionale Orientierung.
Kinder werden heute allerdings früh in Markenwelten eingeführt. Die Grenze zwischen Begeisterung und Marketing ist fliessend. Wenn Musik und Präsentation zu laut, zu überladen oder zu verkaufsorientiert werden, kippen diese Konzerte in Eventkonsum.
«Ich bin der Überzeugung, dass es gar nicht immer diesen Kommerz oder die Showeffekte braucht, um Kinder für Musik zu begeistern», sagt Werner. «Es braucht jemand Authentischen.»
Vom Zuckowski-Erbe bis zum Dino-Metal
Rolf Zuckowski hat lange vor Heavysaurus gezeigt, dass gute Kindermusik Kinder nicht klein macht, sondern ihnen etwas zutraut. Heute kommt dazu ein breites Spektrum an Stilen: Ska, Hip-Hop, Heavy Metal. Viele der heutigen Kindermusiker haben früher Musik für Erwachsene gemacht und übertragen nun ihre Genres in die Kinderwelt.
Nicht immer entspricht die künstlerische Qualität den Erwartungen. Manches klingt nach Software-Pop, manches ist pädagogischer Einheitsbrei. Dabei kann Kindermusik durchaus künstlerisch, emotional und trotzdem massentauglich sein, wie das Beispiel Heavysaurus zeigt – solange das Klingeln der Kassen nicht lauter ist als das Donnern der Drums und der Herzschlag für die Musik.
