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Kritik am Wagner-Museum Richard Wagners Antisemitismus bleibt weiterhin im Schatten

Das Richard-Wagner-Museum in Luzern öffnete unlängst seine Tore mit einer neuen Dauerausstellung – und geriet sofort in die Kritik. Stein des Anstosses: ein von Wagner verfasstes antisemitisches Pamphlet, das unkommentiert und unbeleuchtet ausgestellt wird.

Das Richard-Wagner-Museum befindet sich an idyllischer Lage mit Blick auf Vierwaldstättersee und Pilatus. Im April 2023 wurde hier eine neue Dauerausstellung eröffnet: Sie macht Wagners Wirkungsstätte von 1866 bis 1872 einem interessierten Publikum zugänglich.

Antisemitisches Pamphlet

Die Jahre, die Wagner in der Villa Tribschen verbracht hat, waren künstlerisch sehr erfolgreich. Hier vollendete er zwei seiner Opern, setzte die Arbeit an der «Götterdämmerung» fort und komponierte das berühmte «Siegfried-Idyll», das im Treppenhaus der Villa uraufgeführt wurde.

Doch Wagner beschäftigte sich im Luzerner Idyll nicht nur mit Musik und Komponieren. Hier überarbeitete er auch sein berühmt-berüchtigtes Pamphlet «Das Judentum in der Musik», das er 1869 zum ersten Mal unter eigenem Namen veröffentlichte.

Darin lästert er in zutiefst antisemitischer Manier über «das unwillkürlich Abstossende, welches die Persönlichkeit und das Wesen der Juden für uns hat». Im Übrigen spricht er den Juden jegliche künstlerische Schaffenskraft ab.

Wirkmächtige Schrift

Wagners Schrift trug massgeblich dazu bei, den aufkeimenden Antisemitismus in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts salonfähig zu machen.

Genau hier setzt die Kritik des Kulturwissenschaftlers Dave Schläpfer an. In einem Artikel in der Luzerner Zeitung kritisiert er, dass Wagners Antisemitismus in der neuen Dauerausstellung zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt werde. Dies sei umso bedauerlicher, als Wagners Antisemitismus gerade in seiner Luzerner Zeit seien Höhepunkt erreichte.

Berechtigte Kritik

Tatsächlich ist Wagners berüchtigte Schrift mit dem abstossend rassistischen Inhalt auch in der neuen Dauerausstellung zu finden. Allerdings ist sie dort zwischen anderen unverfänglichen Schriften und Briefen in einer Vitrine versteckt – ohne jegliche Kontextualisierung. Zwar gibt es einen Audioguide, der knapp und klar auf Wagners Antisemitismus eingeht. Aber das ist auch schon alles.

Politik fordert Aufarbeitung

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Die Stadtluzerner SP und die Grünen haben beim Stadtrat ein Postulat eingereicht. Die beiden Parteien fordern darin Korrekturen an der aktuellen Ausstellung im Richard Wagner Museum. Diese vernachlässige das antisemitische Gebaren des Künstlers. Die Ausstellung müsse, so die Parteien, Wagners Antisemitismus angemessen aufarbeiten und aus historischer und pädagogischer Perspektive neu untersuchen.

Insofern muss man Dave Schläpfer rechtgeben mit seiner Kritik, dass Wagners Antisemitismus in dieser Ausstellung unterbeleuchtet bleibt. Dabei liesse sich leicht Abhilfe schaffen, indem beispielsweise eine Ausstellungsstation gezielt diesem Thema gewidmet würde.

Aufwändiger Lebensstil

Eine weitere Facette von Wagners widersprüchlicher Persönlichkeit bildet Wagners Obsession für schöne Textilien und extravagante Kleider. Dank grosszügiger Unterstützung des Königs von Bayern konnte er seine Prunksucht in der Villa Tribschen voll ausleben. Davon zeugen zum Beispiel seine seidenen Hausschuhe, die im ersten Stock bestaunt werden können.

Ein mit Tapeten und Teppichen üppig dekorierter Salon mit Klavierflügel, Samtsesseln und Plüschsofa.
Legende: Prunk meets Plüsch: Wagners Hang zur Extravaganz durchdringt auch die Räumlichkeiten des Richard-Wagner-Museums. Keystone / URS FLUEELER

Das Herzstück der Ausstellung bildet hingegen der Erard-Flügel, auf dem Wagner die «Meistersinger von Nürnberg» vollendete und das Siegfried-Idyll komponierte. Im Rahmen von öffentlichen Führungen gibt es auch Konzerte, die den Originalklang von Wagners Lieblingsinstrument aufleben lassen.

Radio SRF 2 Kultur, Kultur Aktualität, 05.06.2023, 7:06 Uhr

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