Heavy Metal für Toyota-Werbung, Metal-Kreuzfahrten von TUI und die Metal-Band Lordi, die 2006 den Eurovision-Song-Contest gewann: Fast 50 Jahre nach seiner Entstehung ist Heavy Metal in der Werbung, in der Musikindustrie, dem Tourismus, kurzum im Mainstream angekommen.
Meditieren zu Heavy Metal
Das führt bisweilen zu schrägen Kombinationen: Seit 2017 mischt Tanja Polli die Yogaszene in Winterthur auf, indem sie Yoga mit Heavy Metal verbindet.
Heavy Metal und Yoga – geht das zusammen? Ich bin skeptisch. Bei Yoga denke ich an Ruhe und Entspannung, an die innere Mitte. Vielleicht noch an Meditationsmusik. Aber sicher nicht an harte Gitarrenriffs und schnelle Rhythmen. Doch genau damit wartet Yogalehrerin Tanja Polli auf.
Inspiriert am Konzert
Auf die Idee mit dem Metal-Yoga kommt Tanja Polli an einem Heavy Metal-Konzert. Sie beobachtet das Publikum und ihr fällt auf: «Die haben sich alle im gleichen Takt bewegt, nur Musik gehört, niemand hat gesprochen. Ich dachte: ‹Wow, das ist Yoga, was die da machen. Im Moment präsent sein und nichts anderes machen.›»
Wenig später probiert Tanja Polli die Kombination Metal und Yoga in ihrem Studio aus. Sie merkt: Das funktioniert. «Laute Heavy Metal-Musik passt gut zu aktiven Phasen oder Asanas, die Kraft brauchen», so Polli, «das bringt einen in den Moment.»
Sonnengruss und Teufelsgruss
Grundsätzlich ist dieser Yoga-Kurs wie jeder andere: Einatmen, ausatmen. Vorwärtsbeuge, Plank, Kobra, herabschauender Hund, Sprung nach vorne, Vorwärtsbeuge, langsam aufrollen. Und das Ganze nochmals von vorne. Und dabei das Atmen nicht vergessen.
Nur der Dezibel-Level ist um einiges höher. Ab und zu baut Tanja Polli Gesten aus dem Heavy Metal ein - zum Beispiel die gehörnte Hand oder das Headbangen.
«Am Anfang geht es ruhiger zu und her. Die Schlussentspannung ist mir hier genauso wichtig wie in anderen Stunden. Aber im mittleren, aktiveren Teil darf es auch einfach Spass machen. Und dazu gehört auch das Headbangen in einer Kriegerposition», so Polli.
Bier statt Räucherstäbchen
Kriegerposition und Headbangen – das ist am Anfang eher ungewohnt. Aber schnell merke ich: Wenn ich mich bei den Übungen auf die Musik einlasse, werden die Bewegungen fliessender, die Atmung weniger erzwungen, der Kopf freier, ich komme schneller in den oft beschworenen Flow. Am Ende fühle ich mich ordentlich ausgepowert und komme mit hymnischen Klängen und Gitarrenriffs tatsächlich zur Ruhe.
Tanja Polli möchte mit ihrem Metal-Yoga nicht nur Metalheads ansprechen. Ins Metal-Yoga kämen Menschen, die sonst nicht in ein Studio gehen, sagt sie. «Yoga in der Schweiz ist elitär, es ist teuer. Viele haben das Gefühl, wenn sie nicht super beweglich sind oder sich die teuren Yoga-Hosen nicht leisten können, brauchen sie nicht hinzugehen.»
Beim Metal-Yoga sei das anders. «Das ist auch die Szene. Die ist sehr offen und tolerant. Die Stimmung ist fantastisch und danach gibt’s immer ein Bier.» Die Metal-Yogis lassen es eben nicht nur auf der Matte krachen.