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McCoy Tyner mit Pianist Christoph Baumann
Aus Jazz Collection vom 21.02.2006. Bild: Keystone / Dominic Favre
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Mit 81 Jahren gestorben Jazzpianist McCoy Tyner tanzte auf dem Vulkan

Mit dem Pianisten McCoy Tyner ist einer der ganz Grossen des Jazz gegangen. Sein kraftvoller und charakteristischer Stil beeinflusste Generationen von Musikerinnen und Musikern.

«I was a baby», sagte McCoy Tyner 2003 auf die Frage, wann er das erste Mal mit dem Tenorsaxofonisten John Coltrane spielte. 1955 war das, in seiner Heimatstadt Philadelphia.

Und tatsächlich, zarte 17 Jahre alt war Tyner bei diesem Gelegenheitsgig. Fünf Jahre später trat der Pianist dann in das legendäre Coltrane Quartett mit Jimmy Garrison und Elvin Jones ein. Er war auch da wieder klar der Jüngste.

«A Love Supreme»

Zwei Tage vor seinem 26. Geburtstag, am 9. Dezember 1964, durfte er dann an der Seite von Coltrane Jazzgeschichte schreiben. Im Studio von Rudy Van Gelder spielte das Quartett «A Love Supreme» ein, das berühmteste und wichtigste Album dieser Band. Ein spirituelles Werk, dessen ikonisches Cover ein klarer Hinweis ist auf das, was hier zu hören ist.

Das Coltrane Quartet spielt in einem Fernsehstudio
Legende: McCoy Tyner (rechts) mit dem Coltrane Quartet bei einem Fernsehauftritt in Baden-Baden, 1961. Getty Images / Michael Ochs Archives

Die Dringlichkeit der Musik steht einer Predigt von Martin Luther King in nichts nach. Ein wichtiger Teil davon ist der harmonische Background, den McCoy Tyner unter die Linien des Saxofons legt: stoisch, kraftvoll. Hier hat einer in jungen Jahren seinen Platz gefunden.

Der wahre McCoy

Diesem Klavierstil blieb McCoy Tyner auch nach seinem Abgang aus Coltranes Band 1967 treu. Die Quarten, die er mit der linken Hand häufig in den Akkorden als bestimmende Klangfarbe verwendete, waren ihm in Fleisch und Blut übergegangen. Kein Zufall: Tyner war Linkshänder und setzte seine stärkere Hand ganz gezielt und stilbildend ein.

«In Coltranes Quartett war ich das Orchester», charakterisierte er seine Rolle einmal sehr treffend. Kein Wunder waren dann auch in seinen eigenen Bands stets starke Tenorsaxofonisten mit von der Partie: Wayne Shorter und vor allem Joe Henderson. Mit letzterem spielte Tyner 1967 sein wichtigstes Album unter eigenem Namen ein: «The Real McCoy».

McCoy Tyner bleibt das Original

Der Ausdruck «The Real McCoy» steht im Englischen ja für «Das Original» und nicht die Kopie. Dass McCoy Tyner mit noch nicht einmal 30 Jahren diese Charakterisierung selbstbewusst annahm – und sogar sein Album so nannte – zeigt deutlich: Er hatte verstanden, dass er eine Marke geschaffen hatte.

Diejenigen, die ihn nachahmten oder ihm nacheiferten, müssen nicht als Kopien abgestempelt werden. Dennoch ist klar, dass Tyner am Ursprung einer Entwicklung stand.

Raffinierte Weiterentwicklung

Bis in die Nullerjahre dieses Jahrtausends schuf McCoy Tyner ein gigantisches Werk mit unzähligen Einspielungen und einer rastlosen Konzerttätigkeit. Natürlich basierte es auf den Entwicklungen, die er als junger Mann geprägt hatte.

Trotzdem blieb Tyner nicht beim Gestus des Coltrane Quartetts stehen. Er variierte seinen Tanz auf dem Vulkan immer gekonnt und raffiniert weiter. Nun ist McCoy Tyner im Alter von 81 Jahren gestorben.

Sendung: Radio SRF 4 News, Nachrichten, 7.3.2020, 6:00 Uhr

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