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Musik «A Hard Day's Night» – ein Nebenprodukt wird zum Kultobjekt

Eigentlich sollte nur ein kleiner Kinofilm her, um die steigende Popularität der Beatles auf allen Kanälen anzukurbeln. Doch «A Hard Day's Night» wurde unerwartet zum Vorreiter des Videoclips und nahm den britischen Zeitgeist der Sechziger vorweg.

1964: Die Beatles schwimmen auf einer riesigen Erfolgswelle. Ihre Platten verkaufen sich wie wild, die Konzerte ausverkauft. Was tut man da, um die Wertschöpfung aus der herrschenden Beatlemania zu steigern? Ein Film muss her. Als Regisseur wird Richard Lester geholt, der gerade am Anfang seiner Karriere steht.

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Der Film «A Hard Day's Night» ist in der Nacht vom 2. auf den 3. Januar um 0.15 Uhr auf SRF 1 zu sehen.

Richard Lester, Jahrgang 1932, ist kein Engländer, sondern ein in Philadelphia geborener Amerikaner, der aus Faszination für die britische Kultur den Weg auf die Inseln fand. Dass ihn die Beatles für ihr Leinwanddebüt engagierten, hatte laut Paul McCartney einen einfachen Grund: «Er arbeitete damals mit den ‹Goons›, das hat uns eigentlich schon gereicht.»

Ein Film für die Vermarktung

Die «Goons», das waren unter anderem Spike Milligan und Peter Sellers – eine ausgesprochen schräge Comedy-Truppe, die bereits in den Fünfzigern den Nährboden für spätere Kult-Acts wie Monty Python schuf.

Vier Männer rennen durch eine Strasse
Legende: Ein Marketing-Volltreffer: «A Hard Day's Night» wird Kult. Proscenium-Films

Die Beatles hatten Lust auf Nonsens, und niemand wollte ihnen die Flausen austreiben. Zumal setzte ohnehin niemand grosse Stücke auf diesen «A Hard Day's Night»-Film. Der Erfolg an der Kinokasse und die künstlerischen Ambitionen waren sekundär. Das Ding wurde in erster Linie produziert, um den Hype um die Fab Four zu verstärken und um noch mehr Platten zu verkaufen.

Doch «A Hard Day's Night» wurde zum Phänomen: Die rasche Schnittfolge, die bizarren Perspektiven, der holprig abgemischte Ton, das körnige Schwarzweiss und das Ausbleiben einer stringenten Handlung – all das, aus dem Ärmel geschüttelt, stand in einem überraschend perfekten Einklang mit dem Lebensgefühl der damaligen Jugend. Die Symbiose aus Avant-Garde, Nouvelle Vague, Mode und Popkultur war gefunden – das Swinging London rund um Carnaby Street, Savile Row und King's Road konnte kommen.

Paul und George fehlte jegliches Schauspieltalent

Swinging London

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Eine Gruppe junger Leute steht in der Londoner Carnaby Street.
Legende: National Archives UK

Der Begriff beschreibt ein Londoner Lebensgefühl der 1960-er Jahre. Die Jugend feierte das Neue, das Moderne und lebte ein hedonistisches Leben, was auch in der Kunst und Mode zum Ausdruck kam. Die Beatles waren nur ein Teil dessen, was «Swinging London» ausmachte. Sprachrohr war unter anderem der gleichnamige Radiosender.

«A Hard Day's Night» wurde zum Kassenschlager: Das ursprüngliche Beiprodukt zur Musik wurde zu einer ästhetischen Messlatte für das Musical und später für den Videoclip. Dabei hatte Richard Lester auch einen ganz trivialen Grund, bei der Montage seines Films keine Tricks auszulassen: Paul und George hatten keinerlei schauspielerisches Talent. Das musste irgendwie überspielt werden.

Was danach aus den Beatles geworden ist, wissen wir. Richard Lester drehte noch einen zweiten Film mit ihnen: In «Help!» wurde das Erfolgsrezept in Farbe und mit einer hanebüchenen Handlung wiederholt – eine mörderische Sekte will Ringo an den Kragen.

Diesmal war die Grenze zum Cartoon überschritten, der Schritt von der Do-it-Yourself-Ästhetik zur kunterbunten Psychedelik der nächsten beiden Beatles-Filme, «Magical Mystery Tour» und «Yellow Submarine», war angekündigt. Doch mit diesen beiden Werken hatte Richard Lester nichts mehr zu tun.

Weg von den Hauruck-Krachern der Beatles

Fast zeitgleich mit «Help!», ebenfalls im Sommer 1965, kam jedoch ein weiterer Richard-Lester-Film in die Kinos, der das Phänomen des Swinging London genüsslich ironisch resümierte: «The Knack… and How to Get It».

Der Film liefert bis heute besten Einblick in diese Epoche und den damit verbundenen Hedonismus. Er gewann die Goldene Palme in Cannes und enthielt einen melancholischen Soundtrack, der sich grundlegend von den Hauruck-Krachern der Beatles abhob: eine extrem elegante Partitur des James-Bond-Komponisten John Barry.

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