«Die Chemie zwischen den beiden Halbschwestern hat wohl nicht gestimmt», ist Musikjournalist Jörn Florian Fuchs überzeugt. «Auch was ästhetische Vorlieben angeht, sind die beiden völlig konträr.» Dies mögen Gründe dafür sein, dass die Tage der Doppelspitze der Bayreuther Opernfestspiele gezählt sind.
Wie Eva Wagner-Pasquier verlauten liess, zieht sie sich aus der künstlerischen Leitung der Richard-Wagner-Festspiele zurück. «Sie hat uns mitgeteilt, nach 2015 für die Geschäftsleitung nicht mehr zur Verfügung zu stehen», sagte Toni Schmid, der Verwaltungsratsvorsitzende der Bayreuther Festspiele.
Insider-Kreise spekulierten über den Rückzug
Im Jahr 2008 hatten die 68-jährige Wagner-Pasquier und ihre mit 35 Jahren deutlich jüngere Halb-Schwester Katharina Wagner nach langen Diskussionen die Nachfolge ihres Vaters Wolfgang Wagner angetreten und die Leitung übernommen. Dafür stachen die Schwestern, die vorher keinen Kontakt zueinander hatten, ihre Cousine Nike Wagner aus. Zur Seite stand ihnen dabei auch Star-Dirigent Christian Thielemann.
Katharina Wagner sei es «sehr wichtig», dass ihre Schwester weiterhin bei den Festspielen eingebunden bleibe, betonte Festspielsprecher Peter Emmerich. Sie habe es befürwortet, dass sich Wagner-Pasquier zu ihrer weiteren Rolle bei den Bayreuther Festspielen äussere – «um damit dem Wust von Gerüchten Einhalt zu gewähren». In Insider-Kreisen war bereits seit längerem über einen Rückzug von Wagner-Pasquier spekuliert worden.
Katharina Wagners Vertragsverlängerung gilt als sicher
Die Verträge von Katharina Wagner und dem kaufmännischen Geschäftsführer Heinz-Dieter Sense laufen ebenfalls 2015 aus. Während eine Verlängerung mit Katharina Wagner als sicher gilt, ist sich der Verwaltungsrat über den kaufmännischen Leiter den Angaben zufolge noch uneins.
Gemeinsam hatten die Wagner-Schwestern ein neues Kapitel auf dem Grünen Hügel eingeläutet, auf dem das Bayreuther Festspielhaus thront: die Ära nach Wolfgang Wagner. Der Enkel Richard Wagners hatte die Festspiele seit 1951 geleitet. Er starb 2010.
Moderne Inszenierungen erregten in der Zeit der Doppelspitze Aufmerksamkeit und verärgerten so manchen Wagnerianer. Zuletzt war an den Festspielen Frank Castorfs umstrittene Inszenierung des Werks «Der Ring des Nibelungen» zu sehen.
Wagner-Pasquier blieb im Hintergrund
Während die jüngere der Wagner-Halb-Schwestern nicht nur die Wunschbesetzung ihres Vaters, sondern auch von Anfang an das neue Gesicht der Festspiele war, hielt Wagner-Pasquier sich eher im Hintergrund. Sie war vor allem für die Besetzung zuständig.
Als Beraterin könne sich die 68-Jährige künftig verstärkt um die Wagner-Verbände kümmern, meinte Verwaltungsrats-Chef Schmid. Die Entscheidung über einen Beratervertrag soll voraussichtlich bereits im März getroffen werden. Die Gesellschafter sind seiner Einschätzung nach zu einer Zusammenarbeit in dieser reduzierten Form bereit.