Bei Benjamin Britten ist dann mal Ruhe. Sein «War Requiem» von 1962 ist aber auch nicht im eigentlichen Sinn eine Schlachtenmusik, sondern eine Messe. Musik im Eingedenken an die Toten des Bombardements von Coventry im Zweiten Weltkrieg. Und eine Anklage gegen den Krieg.
Es fehlt aber auch bei Britten nicht an Trommelschlägen, Signalmotiven in den Trompeten und weiteren typischen Elementen für die Schlachtenmusik – oder Battaglia. Ein Genre, das mit einer Chanson des Renaissance-Komponisten Clément Janequin seinen Anfang genommen hatte.
Janequin beschreibt in «La Guerre» die Schlacht von Marignano, bei der sich Franzosen und Schweizer 1515 um die Herrschaft über Mailand die Köpfe einschlugen. Das schildert Janequin mit Lust und naturalistischen Kampfgeräuschen in einer Vokalkomposition. Er fungiert als Berichterstatter, als Erzähler und bringt den gebändigten Schrecken eines überstandenen Krieges in die sicheren Musizierstuben seiner Zeitgenossen.
Der Schrecken in bunten Stücken
Kämpfe zu schildern, gesungen mit Text, aber auch rein instrumental in so genannten Battaglien oder Schlachten-Kompositionen, wird in der kriegreichen Zeit bis hin zu den napoleonischen Feldzügen beliebt. Den Schrecken, den etwa die Türken vor Wien 1683 verbreiten, verarbeiten Komponisten wie Heinrich Ignaz Franz von Biber oder Andreas Schmelzer zu bunten Musikstücken. Aufstellung der Truppen, «Der Türken Anmarsch», klirrende Kampfschilderungen, sowie die liederlichen Manieren der Soldaten bilden den programmatischen Hintergrund ihrer Battaglia-Kompositionen.
Die fast erfolgreiche Türkeninvasion hinterlässt in Österreich weitreichende Spuren. Noch Mozart schreibt hundert Jahre nach der letzten Türkenschlacht ein Rondo «alla turca». Musik mit dem typischen kurz-kurz-lang-Rhythmus der türkischen Eliteeinheit, der Janitscharen. Erwähnt seien auch die «türkischen» Elemente in Mozarts Oper «Die Entführung aus dem Serail». Neben Kaffeekultur und dem Halbmond der Kipferl haben die Türken auch musikalisch ihre Spuren in Wien hinterlassen.
Noch um 1800 bauen die Instrumentenbauer scheppernde Janitscharenzüge in die Hammerflügel ihrer Zeit ein. Der Schellenbaum, den man im Armeespiel heute vorfindet, ist ebenso ein Importprodukt der kriegerischen Türken.
Märsche in den Sinfonien
Zwei grosse Männer, Beethoven und Napoleon, bringt das frühe 19. Jahrhundert auf den Plan. Beethoven widmet dem geliebten Heroen einer neuen, freien Epoche, Napoleon, seine «Eroica»-Sinfonie. Beziehungsweise nimmt die Widmung wieder enttäuscht zurück, als sich Napoleon selbst zum Kaiser krönt. 1813 zahlt er es Napoleon zurück und beschreibt in «Wellingtons Sieg» die Schlacht von Vittoria, die Napoleon bekanntlich verlor. Märsche und Kanonendonner und als zweiter Teil eine Siegessinfonie bestimmen das Programm dieser Musik.
Nach Beethoven schreiben auch Liszt und Tschaikowsky programmatische Schlachtmusiken und noch Gustav Mahler lässt Märsche und Trommeln durch seine Sinfonien ziehen. Doch hat das 20. Jahrhundert mit seinen beiden Weltkriegen und den aufkommenden pazifistischen Strömungen der ungetrübten Freude an der Schlachtenmusik ein Ende bereitet.
Schlachtmusik oder Protestsong?
Schon Dmitrij Schostakowitsch verbindet den Schrecken der Belagerung Leningrads von 1941 in seiner 7. Sinfonie mit einer Warnung. Er entzieht der Musik ihre programmatische Eindeutigkeit: Feind kann hier jeder sein.
Damit ist aber auch eine Grenze bezeichnet. Musik in ihrer semantischen Uneindeutigkeit dient ohne beigelegtes Programm oder gesungenen Text nicht dazu, eine pazifistische Botschaft zu übermitteln. So schildert etwa Robin Moore und Barry Sadlers «The Ballad of the Green Berets» von 1966 im englischen Original die Tapferkeit dieser Spezialeinheit im Vietnamkrieg. In der deutschen Übersetzung stellt der Text aus der Sicht eines Soldaten den Sinn des Kriegs in Frage. Ist das nun Schlachtmusik oder ein friedlicher Protestsong? Beide Versionen jedenfalls landeten in der Hitparade auf dem ersten Platz.