Schon anfangs zwanzig war der Trompeter Till Brönner ein derartiger Überflieger, dass es locker für eine Jazzkarriere im Jazzmekka New York gereicht hätte. Aber nein: Till Brönner kehrt den USA den Rücken und nimmt 1996 «German Songs» auf – ein Bekenntnis zu seiner Herkunft. Und ein klares Statement des damals 24-Jährigen, da, wo er Erfolg haben möchte: zu Hause, in Deutschland.
Musik auch für den Hintergrund
Till Brönner hat Erfolg wie kein anderer deutscher Jazzer. Seine Alben landen regelmässig in den Charts. Er nimmt nur mit den allerbesten Musikern auf, schreibt Soundtracks, war Jurymitglied in der Castingshow «X-Factor» und wird in Frauenmagazinen porträtiert.
Natürlich macht er sich mit so viel Erfolg nicht nur Freunde: «Kaufhausmusik» nennt ein Kritiker etwa sein Album «At the End of the Day». Tatsächlich geht es Brönner nicht darum, avantgardistischen Jazz zu machen oder sogar das Rad neu zu erfinden. Einige seiner Stücke funktionieren im Hintergrund genauso gut wie im Vordergrund.
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Qualitativ aber ist Brönner immer einwandfrei. Sein Spiel auf der Trompete ist brillant, und er entwickelt sich auch musikalisch schnell weiter, vom eher traditionellen Jazz seines Debuts, über das Album mit deutschem Liedgut bis zum funkigen Fusionalbum «Midnight» und darüber hinaus.
Botschafter für den Jazz
Es gibt also handfeste inhaltliche Gründe, warum das Scheinwerferlicht immer ein bisschen heller auf Brönner zu fallen scheint als auf andere. Er ist einfach gut. Dazu kommt: Er begnügt sich nicht mit Qualität, sondern versteht sich auch als Botschafter. Als Botschafter für den Jazz, als Musiker, der ein neues Publikum begeistern möchte – für eine Musik, die die meisten gar nicht wirklich kennen, weil sie sich vom Namen abschrecken lassen. Jazz? Das ist doch etwas für graumelierte, ältere Herren. Stimmt nicht. Und schon gar nicht bei Till Brönner. Bei ihm darf Jazz auch sexy sein, tanzbar und lustvoll – und trotzdem Kunst.
Was besonders wichtig ist für Till Brönner: Seine Trompetenmusik ist immer nahe am Gesang. Seine Melodien könnte man alle auch singen. Und natürlich singt Till Brönner auch. Nicht so gut, wie er Trompete spielt. Aber er weiss genau, was er kann und was nicht – und gleicht darin auch einem andern Trompeter, der in seiner Zeit mit seinem Gesang die Herzen im Akkord brach: US-Jazzmusiker Chet Baker.
Ist Till Brönner der Chet Baker des 21. Jahrhunderts? Nein, dafür ist er trompeterisch zu virtuos und viel näher am Trompeten-Wizard Freddie Hubbard. Dennoch ist auch er ein Zauberer für den Jazz. Und ein Riesengewinn für die Europäische Szene. Auch wenn er mittlerweile einen Zweitwohnsitz hat: in Los Angeles.