Die Startbedingungen für Candy Dulfer waren ideal. Als Tochter des Saxophonisten Hans Dulfer lernte sie Saxophon spielen wie andere Kinder laufen lernen. Aber das Mädchen aus Holland hat nach dem guten Start auch nichts dem Zufall überlassen.
Sie schafft es, mit 18 Jahren als «opening act» für die Sängerin Madonna aufzutreten, und wird danach als Vorband für den Superstar Prince empfohlen. Als ihr dieser im letzten Moment absagt, lässt sie ihm eine Notiz zukommen mit einer eindeutigen Nachricht: «You’re missing a girl playing her ass off!». Was jugendfrei übersetzt so viel heisst wie: Du verpasst ein Mädchen, dass auf der Bühne Vollgas gibt!
Arbeit mit Prince katapultiert sie ins Rampenlicht
Dabei war es gar nicht Prince selber, der ihr einen Korb gab, sondern einer seiner Manager. Aber das erfährt Candy Dulfer erst später, als sie für ihn spielen kann. Nicht als Vorband, wohlgemerkt, sondern in der Band von Prince selber, der bekanntermassen gerne Frauen in seiner Band hat.
Trotzdem: Auf dem Prince-Video «Partyman» spielt Candy Dulfer in erster Linie Saxophon, im Anzug, nicht als Sexobjekt. Und auch auf dem Video zur Single «Lily Was Here», die Candy Dulfer im selben Jahr zusammen mit dem Eurythmics-Gitarristen David A. Stewart produziert, verkauft Candy mehr Sax denn Sex.
Die Zusammenarbeit mit Prince katapultiert Candy Dulfer gleichwohl ins Rampenlicht, und «Lily Was Here» hält sich wochenlang auf dem ersten Platz der holländischen Charts und wird auch ein Hit in England und in den USA. Höchste Zeit für Candy Dulfer, eine eigene Platte zu präsentieren.
Und sie macht es gleich richtig. Sie kann Saxophon spielen, schaut gut aus, und hat nach ihren Erfahrungen mit Madonna und Prince genug Selbstvertrauen gewonnen beides zu verkaufen, die Musik und das Aussehen. «Saxuality» heisst denn auch folgerichtig ihr erstes eigenes Album von 1990, es verkauft sich weit über eine Million Mal.
Glückliche Musik
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Ein Karriere-Start aus dem Bilderbuch also, kaum noch zu toppen. Würde man denken. Aber es kommt noch besser: Zwei Jahre nach «Saxuality» wird Candy Dulfer von ihrem ganz grossen Idol eingeladen, von dem Saxophonisten, der jahrelang für «Mr. Sex Machine James Brown» gearbeitet hat: Maceo Parker.
Und die Einladung ist nicht einfach für ein Live-Konzert, sondern gleich für die Produktion einer Live-CD, im Kölner Stadtgarten. Das resultierende Album «Live on Planet Groove» ist einer der Meilensteine der «Happy Music», und Candy Dulfer lässt keinen Zweifel offen darüber, dass sie mit ihrem Saxophon eine Energie entwickeln kann, die auch der ehemaligen James Brown-Bläsersection Respekt abfordert.
Candy Dulfer legt also als gut Zwanzigjährige einen Karrierestart hin, der sich gewaschen hat. Inzwischen ist sie Mitte vierzig. Möglich, dass sie sich nach den ersten turbulenten Jahren manchmal wiederholt hat, möglich auch, dass ihre musikalischen Entscheidungen auf späteren Produktionen nicht immer gleich geschmacksicher waren. Nur: Der Erfolg gibt ihr Recht.
Ausserdem hat Candy Dulfer nie einen Hehl daraus gemacht, dass sie mit ihrer Musik einen breiten Geschmack treffen will, und dabei nicht die Welt neu erfinden muss. Oder anders gesagt: Wenn ihr Publikum Party-Musik will, dann macht sie auch Party-Musik. «It’s My Life», so heisst eine ihrer schönsten Balladen. Recht hat sie.