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Musik Cecilia Bartoli betört – diesmal als Alcina am Zürcher Opernhaus

Am Sonntagabend feiert Cecilia Bartoli mit der Händel-Oper «Alcina» in Zürich Premiere. Im Gespräch verrät die Star-Sängerin, was sie an der Barockmusik so verzaubert, warum sie in Händel verliebt ist und wie sie junges Publikum in die Oper locken will.

Cecilia Bartoli und Georg Friedrich Händel – ein Traumpaar. Beide sind Opernstars. Die eine betört das Publikum mit ihrer Stimme und Ausstrahlung, der andere liefert mit der Oper «Alcina» die Noten dazu. Dass rund 300 Jahre zwischen den beiden liegen, tut der Liebe keinen Abbruch.

«Ja, es ist eine Liebesbeziehung», bekennt Cecilia Bartoli mit einem verklärten Lächeln – und steht da, wie aus einem Barock-Gemälde entsprungen: riesige Perücke, kunstvoll aufgebrezelt mit Schleifen, Glitzer und anderem Firlefanz, dazu ein schweres Seidenkleid mit riesigem Reifrock, eng geschnürter Korsage und einer tüchtigen Portion Make-up im Gesicht. So dürfte sie auch Georg Friedrich Händel damals gefallen haben.

Liebe und Leidenschaft

«Händel hat jede Note mit Liebe und Leidenschaft geschrieben», sagt sie. «Aus diesem Grund lassen sich die Menschen auch heute noch von seinen Stücken zutiefst berühren.» Cecilia Bartoli kommt ins Schwärmen, wenn sie über Händel spricht.

In den vergangenen Jahren hatte sie sich mit Gioachino Rossinis Opern beschäftigt. «Le Comte Ory» und «Otello», auch mit Mozart und seinen Wiener-Klassik-Kollegen, vor allem aber mit Vincenzo Bellinis «Norma» und dem in Vergessenheit geratenen Agostino Steffani, dem sie mit ihrem Programm «Mission» zu einem gloriosen Comeback verholfen hat.

«Barockmusik lebt!»

Und nun also wieder Händel mit «Alcina», die Geschichte der Zauberin, die Männer auf ihre Insel lockt und sie nach Gebrauch zu Tieren oder Steinen verzaubert – sie also entsorgt. Bis Ruggiero kommt, dem sie völlig verfällt, dem sie ihre ganze Liebe schenkt und der sie seinerseits am Schluss in bitterer Verzweiflung sitzen lässt.

Sängerin Cecilia Bartoli lächelt in die Kamera.
Legende: Nie um ein Lächeln verlegen: Opern-Star und Wahlzürcherin Cecilia Bartoli. Reuters

Was aber macht den besonderen Reiz dieser Oper für Cecilia Bartoli aus? Warum funktioniert diese Musik noch heute? «Barockmusik lebt, denn sie ist ganz aussergewöhnlich. Sie hat das Herz der Menschen im 17. Jahrhundert genau gleich berührt wie heute», sagt Bartoli. «Musik muss Gefühle wecken, dann führt und verführt sie uns in eine andere Welt, in eine magische Welt. Barockmusik hat etwas sehr Menschliches. Sie erzählt von der Zerbrechlichkeit der Seele, aber auch von der Liebe.»

«Alcina» stille unser Bedürfnis nach Musik, Freude, Leidenschaft und Unterhaltung: «All dies brauchen wir. Heute mehr denn je!» Liebe, Sehnsucht und den Schmerz des Verlassenwerdens hat Händel in seine Musik gepackt. Cecilia Bartoli gibt diesen Gefühlen ihre Stimme.

Wahlzürcherin mit römischen Wurzeln

Dass sie mit dieser Rolle nun in Zürich debütieren kann, freut sie. Denn mittlerweile ist die Römerin seit Jahren eine gestandene Wahlzürcherin. Der Schweiz hat sie auch einiges zu verdanken. «Hier habe ich die Liebe gefunden, meinen Ehemann. Und das ist ja nicht wenig!», lacht sie. «Ausserdem habe ich gelernt, wie man Rösti macht oder Zürcher Geschnetzeltes.» Aus der Distanz verfolgt sie auch die Situation in Italien, ihrer Heimat. «Italien ist ein wunderbares Land», sagt sie und ein Hauch Heimweh liegt in ihrer Stimme. Aber: «Es ist schwierig, in Italien zu leben. Und es ist unmöglich, ohne Italien zu leben.»

Junges Publikum in der Oper

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Vor kurzem war Cecilia Bartoli auf Gastspielreise in China. In Shanghai und Peking hat sie riesige Konzertsäle gefüllt und mit Staunen festgestellt, wie viele junge Leute im Publikum sassen. Ganz anders als hierzulande. «Ich glaube, es ist sehr wichtig, junge Menschen an die klassische Musik heranzuführen», sagt Bartoli. «Und zwar ganz junge Menschen, Kinder! Es wäre Aufgabe der Pädagogen, Kinder zu animieren, Musik zu hören, ein Instrument zu lernen und ins Theater zu gehen. Das müssen sie lernen, wenn sie noch ganz klein sind. Mit 25 Jahren ist es zu spät. Hier müssen sich Das ist Aufgabe von Schule und Politik mehr einsetzen.» Trotz allem Pessimismus meint sie dann aber: «Die Oper hat 400 Jahre überlebt, hoffen wir also, dass dieser Zauber weiter funktioniert.»

Zürich, Salzburg, Mailand …

Etwas weiter südlich von Zürich, in Mailand, steht eines der berühmtesten Opernhäuser, die Scala. Künftig wird sie von Alexander Pereira geleitet, dem ehemaligen Chef der Zürcher Oper, mit dem Cecilia Bartoli jahrelang in Zürich und zuletzt auch in Salzburg zusammengearbeitet hat. Wäre dies nun auch eine Option für sie, auf der grossen Bühne der Scala zu singen?

«Nun, Herr Pereira hat dort einiges zu tun. Das ist harte Arbeit und eine grosse Verpflichtung. Aber wenn wir ein passendes Projekt finden, wäre es schön, wieder in meiner Heimat aufzutreten.» Und? Gibt es schon ein passendes Projekt? «Sagen wir mal so: Wir arbeiten daran. Es könnte ein Mozart-Projekt werden oder eine Barockoper. Ich würde gern an die Scala zurückkehren.»

Jetzt aber ist es erst einmal das Zürcher Opernhaus und «Alcina». Die Rolle der Zauberin, deren Liebe nicht – wie erhofft – bis ans Ende ihrer Tage hält. Am Schluss der Oper hat Händel betörende und herzzerreissende Melodien geschrieben. Ein Trost für Alcina, wie für das Publikum.

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