Covern meint ja zunächst einmal nichts anderes als Nachmachen. Und über das Imitieren wird überall auf der Welt Musik erlernt – gerade wenn es um Musik geht, die nicht als Notentext schriftlich fixiert ist. Jemand macht etwas vor, und es wird imitiert. Das ist ein ebenso simpler wie oft praktizierter Vorgang.
Beherrscht man das Original erst mal, kann man eigene Nuancen einbringen; kleine Veränderungen, die dann das eigene Statement ausmachen. Und schon hat man eigentlich ein Cover.
Variante eins: Das Genre verändern
Soll das Cover eine wirklich originelle Angelegenheit sein, sollten die eigenen Varianten in Anzahl und Grad schon markant spürbar sein. Bei bekannten Songs ist das über ein paar Schlenker in der Melodielinie kaum machbar.
Über das Arrangement der Begleitung ist da schon einiges mehr zu erreichen. Jimi Hendrix hat aus Bob Dylans Folksong «All Along the Watchtower» eine Rockhymne gemacht. In die musikalische Grundstruktur hat er dabei aber kaum eingegriffen. Melodie und Akkorde sind mehr oder weniger identisch.
Variante zwei: In den Takt eingreifen
«The Specials» hatten es mit Paul Desmonds «Take Five» schon etwas schwieriger. Das Original ist im 5/4 Takt, und damit funktionieren Reggae und Ska nicht so gut. Das Thema musste also einem neuen Takt angepasst werden, und somit wurde die Grundstruktur verändert. Mit einem solchen Eingriff musste sich übrigens auch Frank Zappa behelfen, als er Maurice Ravles «Bolero» im 3/4 Takt in einen geraden Reggae-Groove überführte.
Variante drei: Den Nerv der Zeit treffen
Die Grenzen zwischen blossem Nachmachen und einer veritablen Neuerfindung sind beim Covern fliessend. Und sie haben mit dem Erfolg eines Covers oft nichts zu tun. Kommt das Cover im richtigen Augenblick, trifft es den Nerv einer Zeit vielleicht besser als das Original zu seiner Zeit.
Auch kommerzielle Gründe sind ausschlaggebend, wenn ein Cover kein Cover mehr sein will, sondern eine neue Komposition. Dann streicht nämlich der Autor des neuen Stücks die gesamten Tantiemen ein, und der Schöpfer des Originals geht leer aus.
Variante vier: Mache etwas Eigenes draus
Im Bebop improvisieren die Solisten über bekannte Harmoniefolgen von Jazzstandards. Da sie diese nicht geschrieben haben, gehen sie urheberrechtlich leer aus, obwohl sie die meiste Zeit mit eigenen Linien arbeiten. Deshalb gingen die Bebopper dazu über, diese Harmoniegerüste mit eigenen alternativen Melodien zu versehen. Charlie Parkers «Ornithology» basiert etwa auf dem Standard «How High The Moon» oder «Donna Lee» auf «Back Home Again In Indiana». Das nennt sich dann in der Fachsprache Contrafact.
Variante fünf: Präge das Original
Ist das Original so stark, dass es die Zeiten überdauert, dann kann man oft auch noch Jahrzehnte später bei Covers den Ursprung zurückverfolgen. Frank Sinatra hat zum Beispiel keinen einzigen Standard geschrieben, aber er hat in den fünfziger Jahren viele Klassiker mit seiner Art zu Phrasieren entscheidend geprägt.
Hört man etwa Stings Covers von «Angel Eyes» oder «My One And Only Love» von 1995 im Soundtrack zu «Leaving Las Vegas», wird man bald merken, dass Sting seinen Sinatra genau und oft gehört hat. Schlechter werden seine Versionen deshalb nicht. Besser aber auch nicht.