Dave Brubeck ist am 5. Dezember - am Tag vor seinem 92. Geburtstag - in einem Krankenhaus im US-Bundesstaat Connecticut an Herzversagen gestorben. Das meldete die «Chicago Tribune» unter Berufung auf den langjährigen Manager des grossen Jazzmusikers. Eigentlich sei Brubeck nur für eine Routine-Untersuchung bei seinem Kardiologen dort gewesen.
Der 1920 in Kalifornien geborene Brubeck hat sich sein Rüstzeug bei einem europäischen Emigranten geholt. Der junge Mann, der auf einer Farm aufgewachsen war und zunächst Tierarzt werden wollte, studierte in Kalifornien beim Komponisten Darius Milhaud.
Milhaud, der als einer der ersten Europäer brasilianische Musik in seine Kompositionen hatte einfliessen lassen, bestärkte Brubeck darin, seinen Weg im Jazz zu suchen. Brubecks erste Experimente mit einem coolen Oktett an der US-Westküste, Ende der 1940er Jahre, blieben Experimente. Er gehört damit zu den Vorläufern des orchestralen Cool-Jazz.
Doch erst als er sein Klaviertrio mit dem Saxophonisten Paul Desmond zum Quartett erweiterte, fand Brubeck sein durchschlagendes Erfolgsrezept. Er kombinierte Jazz mit ethno-musikalischen Einflüssen und bediente sich aus dem Klassik-Fundus.
Avancierter Jazz für junge Akademiker
Auf Tournee durch die Colleges der USA konnte das Quartett bei der jungen Elite eine Fangemeinde gewinnen. Damit machte Brubeck die «Schmuddel»-Musik der Untergrund-Bars beim weissen Akademiker-Publikum der 1950er Jahre salonfähig.
Mit dem Jazz-Standard «Take Five» hat Brubeck Weltruhm erlangt. Eine kleine Ironie des Schicksals liegt darin, dass nicht Brubeck selbst die Nummer im Fünfviertel-Takt geschrieben hat, sondern der Altsaxophonist in seiner Band, Paul Desmond. «Take Five» war einer der ersten Million Seller der Jazzgeschichte und ist bis heute untrennbar mit dem Dave Brubeck Quartet verbunden.
Mit neuen Rhythmen weg vom 4/4-Swing
Doch Brubeck gelang es auch mit eigenen Stücken, intellektuellen Anspruch und Experimente populär einzukleiden: Kompositionen wie «Blue Rondo a la Turk» verwenden Taktarten aussereuropäischer Traditionen. Auch mit «In Your Own Sweet Way» oder «The Duke», die sich am gängigen Jazz-Formschema orientieren, es jedoch harmonisch extrem ausweiten, wurde er zum Erneuerer mit einer populären Ader.
Drei Jazz-Standards aus der Feder von Dave Brubeck
Das Dave Brubeck Quartet bestand in der ersten Zusammensetzung bis 1967. Es gehört zu den erfolgreichsten Jazzformationen überhaupt. Später hat Brubeck oft mit dem Baritonsaxophonisten Gerry Mulligan zusammen gearbeitet, eine Band mit seinen Söhnen geleitet und auch das Quartett in neuer Besetzung wieder aufleben lassen.
Süchtig nach dem Live-Kontakt mit seinem Publikum
Bis ins hohe Alter ist er schier unermüdlich aufgetreten. Bis 2006 kam er auch regelmässig auf Europa-Tourneen. Seit den 1980er Jahren fand Brubeck über die Kirchenmusik auch zurück zum klassischen Komponieren, schrieb eine Reihe von Orchesterwerken und Kammermusik. Schon früher hatte er auch Soundtracks für das Fernsehen komponiert.
«Mein ganzes Leben wollten mich die Menschen immer in eine Schublade stecken», sagte er einmal in einem Interview. «Aber Schubladen langweilen mich.»