Tiffany Alvord ist einer der grössten Stars, von denen Sie noch nie gehört haben. Auf ihrem YouTube-Kanal sieht man sie, wie sie ihre Hände zu einem Herz formt und für ihre treuen Fans in die Kamera hält.
1,5 Millionen Menschen haben Tiffany Alvords Kanal abonniert und werden informiert, wenn sie ein neues Video hochlädt. Ihre erfolgreichsten Videos wurden über sechs Millionen Mal angeschaut.
Während Sie von ihr selbst wohl noch nichts gehört haben, kennen Sie ihre grössten Hits bestimmt: Die Lieder von den Superstars Lana Del Rey, Cee Lo Green oder Pink sind von den Originalen kaum zu unterscheiden, die Videos dazu mit einigem Aufwand produziert.
Der beliebteste Internetmythos
Ihre Arbeit und die ähnlicher YouTube-Stars steht im Mittelpunkt eines bemerkenswerten Gerichtsfalls. Die Vereinigung der Musikverleger in den USA hat kürzlich eine Klage in einem Gericht in Manhattan eingereicht.
Doch wer den Inhalt dieser Klage verstehen will, muss erst einen der beliebtesten Internetmythen zerschlagen: Der Mythos des ausgeschalteten Mittelmannes. Der Mythos, dass online jeder ohne den Einsatz von Plattenfirmen oder Managern berühmt werden kann.
Die grössten Fullscreen-Stars
Tiffany Alvord arbeitet nicht alleine. Hinter ihr und den meisten anderen YouTube-Stars stecken Firmen – sogenannte Multi-Kanal-Netzwerke – in die grosse Unterhaltungskonzerne investierten. Das grösste heisst Vevo, wo täglich Millionen Musikvideos angesehen werden.
Fullscreen heisst die Firma, die hinter Tiffany Alvord steht. Gegründet von einem ehemaligen YouTube-Mitarbeiter bietet die Firma ein Dach für einige der erfolgreichsten Halbprofessionellen und Amateure, die ihr Leben auf YouTube verdienen.
Zusammen für mehr Klicks
Den Künstlern versprechen diese Firmen mehr Ruhm und grössere Einnahmen. Unter einem Dach werden Tausende vermarktet. Das Versprechen: Mehr Zuschauer und damit mehr Werbeeinnahmen.
Ein paar der grössten Stars von Fullscreen sind Musiker wie Tyler Ward, Megan Nicole oder eben Tiffany Alvord. Sie waren dafür mitverantwortlich, dass die Videos des Netzwerkes mittlerweile fast 44 Milliarden Klicks auf sich vereinen konnten, jeden Monat kommen der Firma zufolge zwei Milliarden dazu. Damit gehört das Netzwerk zu den erfolgreichsten auf YouTube - und ist damit ins Visier der Musikindustrie geraten.
Geldfluss darf nicht aufhören
Hintergrund
Wie viele andere YouTube-Stars hangeln sich auch die Stars von Fullscreen über Covers von Superhits zum Ruhm – ohne die nötigen Rechte dafür zu besitzen, behauptet die Vereinigung der Musikverleger der USA.
In einer Klage zitieren die Verleger auch ein Lied, das Tiffany Alvord als Vorlage für eines ihrer erfolgreichsten Videos dient. Sechs Millionen Mal wurde angesehen, wie sie «Forget You» singt, im Original von Cee Lo Green.
Der Kampf um die Covers vor Gericht kommt ein paar Jahre nach einem grossen Gerichtsfall, der YouTube selbst von der Verantwortung wegen Copyright-Verletzungen seiner Nutzer befreit hatte. Damals hatte der Unterhaltungskonzern Viacom YouTube verklagt.
YouTube ist fein raus
Seither ist klar: «YouTube muss nicht proaktiv nach Verstössen suchen», sagt Mitch Stoltz, Anwalt der Organisation Electronic Frontier Foundation. «Es muss bloss auf Beschwerden von Lizenzbesitzern reagieren, und Videos allenfalls sperren und bei Wiederholungstätern Sanktionen treffen.»
Nach dem grossen Viacom-Fall scheint die Industrie den Kampf gegen YouTube aufgegeben zu haben – aber nicht den für mehr Lizenzzahlungen der YouTube-Nutzer, wie die neueste Klage der Musikverleger zeigt.
«Im Fokus dieses Falles wird stehen, ob Fullscreen direkt für das Hochladen von problematischen Inhalten verantwortlich gemacht werden kann oder nicht», sagt Anwalt Stoltz. Bei Google und Fullscreen wollte man sich zum Fall nicht äussern.
YouTube-Covers als Weg zum Ruhm
Mit der Lancierung eines Gerichtsstreites erhöhen die Verleger den Druck auf die Multi-Kanal-Netzwerke – in den USA gibt es über ein Dutzend. Mit Fullscreen-Konkurrent Maker Studios hätte man sich bereits auf einen Deal geeinigt, teilten die Verleger mit ohne Details zu nennen. Dort darf nun also völlig legal gecovert werden.
Für Rechteinhaber sind Covers lukrativ, weil sie zwar keine neue Arbeit machen, aber neues Geld in die Kassen spült. Für Möchtegernstars können Covers hingegen den Schlüssel zum Ruhm bedeuten. Das grosse Vorbild hierbei ist Pop-Phänomen Justin Bieber.
Der junge Popstar hatte wie Tiffany Alvord, Tyler Ward und andere Fullscreen-Stars mit Coverversionen – etwa «Cry Me A River» von Justin Timberlake – auf sich aufmerksam gemacht, bevor er einen Plattenvertrag erhielt. Erst dann stürmte er mit eigenen Songs weltweit die Charts.