Keine Spur von Unsicherheit oder Scheu: Hermes Helfricht zeigt sich im Interview trotz seiner Jugendlichkeit beeindruckend eloquent. Als würde er schon seit langem regelmässig Journalisten empfangen. Auch die Konzertbühne betritt der Dirigent selbstbewusst: Das Orchester hat er im Griff, er leitet es mit klarer Schlagtechnik.
Der Sohn eines Journalisten und einer Medizinerin kommt aus der Stadt Radebeul in Sachsen. Mit fünf Jahren fängt er an Klavier zu spielen, später zusätzlich Klarinette. Ab der dritten Klasse beginnt seine zehn Jahre dauernde Ausbildung im traditionsreichen Dresdner Kreuzchor und parallel dazu am Kreuzgymnasium, einer Art Spezialgymnasium für Musikbegabte. Das bedeutet: vormittags Schule, nachmittags Proben.
Der musikalische Pate
Über das Singen im Kreuzchor kommt Helfricht zum Dirigieren. Ab dem 15. Lebensjahr erhält er regelmässig Dirigierunterricht. Bald korrepetiert und dirigiert er selbst den Kreuzchor als erster Chorpräfekt. Für ihn ist diese intensive Zeit die Basis, auf der er seine musikalische Karriere aufbauen kann.
An der Berliner Universität der Künste studiert er Dirigieren bei Lutz Köhler – den er als seinen «musikalischen Paten» bezeichnet – und bei Steven Sloane. Helfricht steigt stetig seine Karriereleiter hoch. Er verfolgt dabei den klassischen Weg des Dirigenten, also den Karriereweg über das Korrepetieren.
Musik wie eine Droge
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«Ein Vorteil dabei ist die praktische Erfahrung, die man durch die Arbeit mit Sängerinnen und Sängern sammelt», sagt Helfricht. Das gleichzeitige Lernen der vielen Partien und Opern sei ein weiterer Vorteil, schliesslich ist das Musiktheater eine seiner grossen Leidenschaften.
«Auch die grossen Musikdramen von Richard Wagner liegen mir sehr am Herzen, unter anderem weil ich aus Dresden komme», sagt er fast entschuldigend. Wagners Musik sei wie eine Droge, man dürfe nicht zu viel davon bekommen.
Vielfalt der Dirigierstile
Während seiner Studienzeit in Berlin hatte Helfricht die Möglichkeit, die unterschiedlichsten Dirigierenden bei Proben und im Konzert zu beobachten. Dabei inspirierte ihn die Vielfalt an Ästhetiken und Dirigierstilen: Von den historisierenden Interpretationen eines Nikolaus Harnoncourt bis zu den eher romantisierenden Lesarten eines Daniel Barenboim.
Die historisch informierte Aufführungspraxis gefällt Helfricht besonders bei barocker oder klassischer Musik. Bei romantischer Musik etwa von Anton Bruckner bevorzugt er jedoch den grösseren und vibratoreicheren Orchesterklang – ebenfalls, weil er durch die Dresdner Orchester mit diesem Klang aufgewachsen ist, so Helfricht.
Partynächte und Tennis
Obschon während seines Studiums die Musik im Vordergrund stand, stürzte sich auch Hermes Helfricht einige Male in die langen Berliner Partynächte. Zu den Hotspots in Uni-Nähe sei man dann jeweils mit Studienkollegen gegangen, in den Club «The Pearl» etwa oder den etwas weiter entfernten Elektro-Tempel «Berghain».
Auch sportlich betätigt sich Helfricht ab und an, er spielt gerne Tennis. Schlagfertig ist er also nicht nur auf der Bühne oder im Interview, sondern auch auf dem Tennisplatz.