So etwas hätte es eigentlich nicht geben dürfen in Israel: Nach der Staatsgründung 1948 kommen aus vielen arabischen Ländern sogenannte Mizrahi-Juden ins Land, die meisten als Flüchtlinge. Juden also aus Syrien, aus Irak und Ägypten. Sie lassen ihre Musik nicht etwa zurück, wie sie ihre Häuser zurücklassen. Nein, sie nehmen sie mit, die arabischen Tonleitern und Rhythmen, und sie spielen ihre Lieder bei jeder Gelegenheit, vor allem an Hochzeiten.
Für den jungen israelischen Staat ist das die Musik des Feindes. Sie wird nicht verboten, aber boykottiert. Die Radiostationen spielen sie nicht. Aufnahmestudios sehen Mizrahi-Musiker kaum je von innen.
Offiziell geächtet – geheim geliebt
Aber wenn das offizielle Israel je wirklich daran geglaubt hat, die arabische Musik im eigenen Land so ausblenden zu können, dann hat es sich getäuscht. Musik kennt keine Grenzen. Eine Sängerin wie die ägyptische Diva Umm Kulthum etwa hat auch in Israel viele Fans – und wenn ein Mizrahi-Sänger wie Aris San in seinem Hit «Boom Pam» aus dem berühmten ägyptischen Song «Inta Omri» zitiert, dann jubelt sein Publikum.
Mizrahi-Sänger wie Zohar Argov oder Margalit Tzan’ani aka Margol verkaufen in den 80er-Jahren zum Teil mehr Kassetten am Busbahnhof in Tel Aviv als manche israelische Sänger. Zohar Argov wird ein richtiger Star der Mizrahi-Musik, Drogensucht und früher Tod inklusive. Mutige Mizrahi-Sänger wie Margol sind sogar stolz darauf, «Hochzeits-Sänger» zu sein.
Ein Modell des Miteinander
Schliesslich gibt die israelische Musikindustrie dem Druck der Bevölkerung nach. Sie spielt Mizrahi-Musik endlich auch im Radio.
Heute ist die Mizrahi-Musik nicht mehr die Musik des Widerstands. Sie ist im israelischen Mainstream angekommen und populärer denn je. Aber mit ihrer Verbindung von arabischen und westlichen Elementen hat sie nach wie vor ein grosses Potenzial, als Modell eines Miteinanders – gerade auch nach dem Rechtsrutsch in Israel nach den letzten Wahlen.