Andris Nelsons ist weggefahren. Und nicht mehr zurückgekommen. «Er ist verschwunden, und wir konnten ihn nicht zur Rückkehr bewegen», sagt Peter Emmerich, Sprecher der Bayreuther Festspiele.
No Comment!
Emmerich hat sich heute Donnerstag – wie die gesamte Festspielleitung – verpflichtet, keine Kommentare abzugeben. Keine Kommentare zu den Gründen dafür, dass der «Parsifal»-Dirigent seinen Vertrag beenden wollte. Und das nur dreieinhalb Wochen vor der Premiere.
Unfeierliche Bedingungen
Nun muss ein Neuer her. Einer, der zurechtkommen muss mit den auch sonst recht unfeierlichen Bedingungen auf dem Grünen Hügel.
Denn in diesem Sommer gilt rund um das Festspielhaus in Bayreuth ein verschärftes Sicherheitskonzept. Gitter und Wachpersonal, Zäune und Kontrollen. Genau daran könnte es auch gelegen haben, dass Andris Nelsons um die Auflösung seines Vertrags gebeten hat, heisst es aus dem Festspielhaus.
Vage Wort und etwas Bedauern
Die Atmosphäre habe sich in diesem Jahr nicht in einer für alle Beteiligten angenehmen Weise entwickelt. Schuld seien unterschiedliche Auffassungen in verschiedenen Angelegenheiten. Diese vagen Worte liess das Management des Dirigenten am Donnerstag verlauten. Die Festspielleitung stimmte der Bitte um ein Ende des Vertrags schliesslich zu, «mit Bedauern».
«Wir, und gerade auch Katharina Wagner, haben uns in den letzten zwei, drei Tagen sehr darum bemüht, ihn zurückzuholen», sagte Peter Emmerich. Doch ohne Erfolg. 2010 debütierte der Lette auf dem Grünen Hügel im «Lohengrin». Vergangenes Jahr war er zu beschäftigt, um nach Bayreuth zu kommen, aber in dieser Saison sollte er wieder brillieren, im «Parsifal» diesmal, zur Eröffnung der Festspiele.
Ego traf auf empfindsame Seele
Die Proben liefen natürlich schon. Dann kommt der Morgen, an dem es akut wird: Am Donnerstag wird klar, dass Nelsons nicht zurückkommen wird. Woran es genau liegt, darüber wird nun viel gemunkelt. Streit soll es gegeben haben, mit Christian Thielemann, dem Bayreuther Musikdirektor. Ein Riesen-Ego, so beschreiben viele Thielemann, traf auf eine empfindsame Seele: Nelsons.
«Er hat die Festspiele verehrt, fast schon religiös», sagt Festspiele-Sprecher Emmerich über Nelsons. Es wäre nicht verwunderlich, wenn dem Dirigenten in diesem Jahr einfach alles zu viel geworden wäre.
Und jetzt?
«Die Festspielleitung setzt sich jetzt sehr schnell ans Telefon», sagt Emmerich. Natürlich gebe es eine Liste mit Kandidaten. Welche Namen aber da drauf stehen, das will er nicht sagen. Es muss jedenfalls einer sein, der Zeit hat. Einer, der nicht nur mit der aufgeladenen Geschichte umgehen kann, sondern auch mit der aktuellen Anspannung.
Sendung: Radio SRF 2 Kultur, Kulturnachrichten, 30.6.2016, 16.30 Uhr