Samúel Jón Samúelsson ist kein Unbekannter in der eng verzahnten Musikszene von Reykjavik. Der Absolvent der Jazz-Musikhochschule ist in Island sehr umtriebig und erfolgreich: Er hat den Icelandic Music Award erhalten und gleich zwei Bands ins Leben gerufen: 2000 Jagúar und 2006 die Samúel Jón Samúelsson Big Band, eine 18-köpfige Formation.
Afrobeat-Einfluss
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«Ich sehe meine Musik als einen grossen Baum, aus dem die Äste Jazz, Blues, Funk und Afrobeat wachsen, erklärt Samúel Jón Samúelsson und fährt fort: «Alle Musikstile sind eng miteinander verbunden. Eine Big Band und Afrobeat haben so viel gemein, da ist es einfach naheliegend, dieses Genre zu spielen.»
Sammi – wie Samúelsson verkürzt genannt wird – widmet sich mit seiner 18-köpfigen Big Band auf dem aktuellen Album «4 Hliðar» dem Afrobeat, dieser Mischung aus Jazz, Soul und traditionellen westafrikanischen Rhythmen. In den 90er-Jahren ist er zum ersten Mal mit diesem Musikstil in Berührung gekommen.
Wichtige Vorbilder
Sammi hat wichtige Vorbilder: den 1997 verstorbenen nigerianischen Musiker Fela Kuti und seinen Schlagzeuger Tony Allen. Der junge isländische Künstler ist vom Afrobeat derart fasziniert, dass er Fela Kutis Beispiel folgt und in Reykjavik selbst eine Big Band ins Leben ruft. Musikalisch nimmt er Fela Kutis und Tony Allens Kreationen als Ausgangspunkt für eigene Kompositionen.
Sein grosses Idol Tony Allen trifft der isländische Musiker dann auf einem Jazz-Festival in Bergen. Sammi lädt Tony nach Reykjavik ein. Ein Traum wird wahr: Tony kommt wirklich nach Island. Aus diesem Anlass komponiert er das Musikstück «Afrobit», das mit seiner Big Band und Tony Allen entsteht.
Erste Schritte
Sammi ist im Ort Isafjordur im äussersten Nordwesten Islands aufgewachsen. Mit zwölf besucht er dort die Musikschule. Ein neuer Lehrer für Blasinstrumente aus England ist gerade angekommen. Eigentlich will er Trompete lernen, aber der Lehrer drückt ihm ein altes Horn in die Hand mit den Worten «es sind nicht genug Trompeten vorrätig».
Also erlernt Sammi zunächst das Spiel des Horns und wechselt dann zur Posaune. Denn der Musiklehrer überzeugt seine Eltern davon, dass das Mundstück der Posaune viel besser zu seinen Lippen passe als das der Trompete. Erst Jahre später findet Sammi heraus, dass das nur eine Ausrede des Pädagogen war. Es fehlten nämlich Posaunisten im Schulorchester.
Eine grosse Familie
Jon Samuel Samuelsson hat Talent und eine Vision. Er weiss genau, wie er seine musikalischen Ideen realisieren kann. Und dafür hat er jede Menge musikalische Unterstützung. Reykjavik hat eine äusserst überschaubare Musikszene. «Wir sind eine grosse Familie», erklärt Sammi. «Hier sind über 200 Musiker aktiv. Wir helfen uns gegenseitig aus und haben keine Angst vor Genre-Überschreitungen. Es kommt vor, dass einer von uns an einem Tag im Theater spielt, dann in einer Punk-Formation auftritt und am nächsten Tag zu klassischen oder elektronischen Klängen wechselt.»
Berührungsängste und Konkurrenzdenken sind in Reykjavik nicht verbreitet. Was zählt, sind sowohl der gemeinsame Spass an der Kreation als auch das Ergebnis. Manchmal finden sich in Sammis 18-köpfiger Band noch weitere fünf bis zehn Musiker ein, weil sie einfach Lust haben, gemeinsam Musik zu machen. Ideale Bedingungen für neue Projekte.