Die Biografien von Musikerinnen und Komponisten bieten besten Stoff für gezeichnete Psychodramen und wirkungsvolle Bild-Epen. Von Ludwig van Beethoven bis Arvo Pärt: vier Beispiele, wie man Musik mit dem Zeichenstift aufs Papier bringt.
1. «Ludwig van Beethoven – The Final Symphony»
Die Neunte ist Beethovens letzte vollendete Sinfonie. Doch weder seine Geschichte noch die dieses Comic-Bandes endet mit diesem Stück. Gleich mehrere Künstlerinnen und Künstler haben für «The Final Symphony» Episoden aus dem Leben des Komponisten quietschbunt aufbereitet. Dazu gibt es eine Playlist – Beethoven zum Hören und Lesen also.
Besonders gelungen ist die fiktive Zeitreise von Alice Sara Ott und Beethoven. Im Tokio des 21. Jahrhunderts trinken sie Whiskey und besuchen ein klassisches Konzert, wo Beethoven ins Fettnäpfchen tritt: Er klatscht zwischen den Sätzen. Wie es seinerzeit eben üblich war.
2. «Piano Oriental»
Ein Feuerwerk der Lautmalerei: Die libanesische Zeichnerin Zeina Abirached durchsetzt ihre gesamte Graphic Novel mit hunderten kleinen Sprechblasen, in denen Noten oder Geräusche stehen. So will sie die Leserinnen und Leser für die Geräusche sensibilisieren, die uns tagtäglich umgeben. Gummischuhsohlen schmatzen, Vögel singen und oft sind die kunstvollen Bildkompositionen an Muster wie die Tastatur eines Klaviers angelehnt.
Denn in «Piano Oriental» geht es um ein ganz besonderes Klavier. Abiracheds Urgrossvater Abdallah Chahine hat es im 19. Jahrhundert erfunden. Sein «piano oriental» kann auch die Vierteltöne der arabischen Musik spielen – und eben nicht nur Bach oder Mozart.
3. «Zwischen zwei Tönen. Aus dem Leben des Arvo Pärt»
Die Musik des zeitgenössischen Komponisten Arvo Pärt besteht nur aus wenigen Tönen. Sie klingt zerbrechlich und gleichzeitig liebevoll. Der estnische Zeichner Joonas Sildre lässt die Musik seines Landsmannes durch seinen Comic gleiten oder schwingen.
Eindrücklich zeichnet Sildre die Uraufführung von Pärts «Perpetuum Mobile» (1963) nach. Langsam baut sich das Stück zu einer bedrohlichen Klangwand auf. Im Comic fliegen erst einzelne Töne wie Kugeln durch den Konzertsaal. Sie werden immer grösser und immer mehr. Zuletzt wird das Publikum regelrecht mit Tönen beschossen.
4. «Alles bleibt anders. Das Konzerthaus Berlin und seine Geschichte(n)»
Dieses Jahr werden 200 Jahre Konzerthaus Berlin gefeiert. Das klingt nicht unbedingt nach einem Thema, um das sich Comic-Autorinnen und -Autoren reissen würden. Doch in 200 Jahren passiert so einiges und was dieses Gebäude so alles gesehen hat, sehen nun auch wir.
Marlene Dietrich und Gustaf Gründgens, Leonard Bernstein, Niccolo Paganini oder der Preussenkönig Friedrich Wilhelm III. haben die Bühne, das Parkett und die Logen des Hauses bevölkert oder auf dem Gendarmenmarkt gekämpft. Die Zeichnung einer Querflötistin mit Mundschutz am Ende des Bandes ist eine Art Denkzettel und will sagen: Das Haus hat schon so viel überlebt, es wird auch diese Episode noch überstehen.